Bewerbercoach Gerhard Winkler im Interview

Ob man sich um eine Ausbildung bemüht oder beruflich durchstarten möchte: Heute bevorzugen viele Firmen neue Wege, von der Online-Bewerbung – sei es per E-Mail oder über ein Web-Formular – über Social-Media-Kanäle bis hin zu Skype oder WhatsApp. Was sich nicht geändert hat, ist, dass beliebte Ausbildungsplätze und Jobs hart umkämpft sind, die Bewerbung also tadellos sein muss und möglichst aus der Masse hervorstechen sollte. Bewerbercoach Gerhard Winkler hat uns verraten, wie das gelingt.

Welche Möglichkeiten nutzen Unternehmen heute beim Recruiting?

Gerhard Winkler: Die gute Nachricht für alle zwischen 15 und 25: Unternehmen sprechen potenzielle Kandidaten heute gezielt dort an, wo diese online zu finden sind. Sie versuchen dabei, sich derselben Tools zu bedienen, die man auch im Freundeskreis nutzt. Kontaktaufnahme und Bewerbungsvorgänge sollen so weniger umständlich, weniger formalistisch und um einiges ungezwungener gehalten werden.

Gibt es bestimmte Bewerbungstrends?

Gerhard Winkler: Generell verliert das formale Anschreiben an Bedeutung, es wird in der Regel so knapp wie möglich gehalten. Oft übernehmen beispielsweise Video-Botschaften seine Rolle. Viele Unternehmen ersparen Bewerbern zudem über Datenabfragen das Zusammenstellen eines Lebenslaufs. Das hilft vor allem jenen, die das Schreiben für eine anstrengende und unnötige Prozedur halten. Für alle, die die Kontrolle über sämtliche Informationen behalten wollen, die sie an Dritte weitergeben, ist es nicht von Vorteil.

Worauf sollte man bei einer Online-Bewerbung achten?

Gerhard Winkler: Am besten bereitet man offline alle Unterlagen vor. Dazu gehört ein Lebenslauf, falls gewünscht mit integriertem Bewerbungsbild – selbstverständlich kein Privatfoto, sondern eine professionelle Aufnahme. Der Lebenslauf sollte auch bei jungen Bewerbern möglichst mehr als eine Seite umfassen. Ist er fertig zusammengestellt, speichert man ihn als PDF ab. Als Richtwert für die maximale Dateigröße gelten 5 MB, es ist aber darauf zu achten, dass das Foto auf 300 % hochgezoomt noch scharf ist. Ein Deckblatt kann man weglassen.

Was in der Regel gut bei potenziellen Arbeitgebern ankommt, ist ein kurzes Statement, in dem man konkret seine bisherigen Leistungen darstellt und über die Bewerbungsmotivation sowie eigene Konditionen informiert. Eine solche Kondition kann zum Beispiel der mögliche Eintrittstermin sein. Lange Einleitungen, Selbstbewertungen, Absichtserklärungen und jede Art von Belehrung des Empfängers gehören nicht in das Statement. Der Umfang des Schreibens sollte nicht mehr als 2.000 Anschläge inklusive Leerzeichen betragen.

Schließlich werden auch alle erforderlichen Nachweise und Zeugnisse so in einem PDF aufbereitet, dass es vollständig ist, aber nicht überfrachtet. Damit hat man alles Notwendige, um Online-Bewerbungsformulare zu bestücken, E-Mails zu verschicken oder die Unterlagen sogar mit dem Smartphone per WhatsApp, Telegram oder ähnlichen Tools zu übermitteln.
 

Ein Tipp noch für den Fall, dass ein Bewerbungsvideo gewünscht wird: Hierfür sollte man unbedingt vorab die Inhalte aufschreiben und nicht improvisieren, den Text aber auch auf keinen Fall vorlesen, sondern so oft üben, bis man ihn frei und glaubwürdig vortragen kann.

 

Und wie bereitet man sich auf ein Skype-Interview vor?

Gerhard Winkler: Zunächst einmal sollte man die Technik checken: Gibt es störungsfreien Empfang? Ist die Rate der Datenübertragung ausreichend hoch? Ist die Ausleuchtung gut und das Gesicht nicht verschattet? Habe ich Ruhe im Raum und ist der Bildhintergrund okay? Besteht vielleicht sogar die Möglichkeit, das Handy auf einem Stativ zu befestigen? Um diese technischen Fragen zu klären, sollte man die Interview-Situation unbedingt vorab simulieren. Und natürlich sollte man auch sein Aussehen einem Check unterziehen: Sitzt die Frisur? Ist das Oberteil angemessen und hat vielleicht sogar einen Kragen? Man sollte darauf achten, dass man so vor der Kamera sitzt, dass das Gesicht gut gesehen werden kann.

Was ist während des Interviews zu beachten?

Gerhard Winkler: Für ein erfolgreiches Interview gilt: Es geht nicht darum herauszufinden, ob eine Ausbildung oder ein Job überhaupt zu einem passt, sondern es ist im Grunde eine Art Test. Dennoch braucht man dem Gegenüber nicht nach dem Mund zu reden. Entscheidend ist, dass man klar und glaubwürdig darlegen kann, was einen selbst für die Stelle befähigt, was man sich davon erhofft und dass man auch weiß, was einen erwartet. Auch wichtige Auswahlgespräche sollte man deshalb unbedingt vorher üben.

Wie kann man sich am besten online präsentieren?

Gerhard Winkler: Junge Leute, die ich im Bewerbungsverfahren unterstütze, bitte ich stets um Auskunft: Sind Sie in einem Verein oder in einer Einrichtung aktiv? Machen Sie bei Initiativen, Gruppen, Aktionsgemeinschaften mit? Findet man Ihren Namen und Ihr Bild dann auch auf Homepages oder in Zeitungsmeldungen? Haben Sie an Schulprojekten mitgearbeitet? Ist das online dokumentiert? Posten Sie sehens- oder lesenswerte Beiträge auf Social Media, in Blogs oder sogar auf einer eigenen Homepage? Außergewöhnliches Engagement, nennenswerte Leistungen, sportliche Erfolge werden so oft online vermeldet – darauf zu verlinken kann beim Bewerben helfen und vielleicht sogar mitentscheidend sein.

Und welche Tücken lauern dabei?

Gerhard Winkler: Gerade ganz junge Leute sollten sich zu Beginn ihrer Suche klarmachen, dass sie sich mit ihrer Bewerbung an Erwachsene richten. Das heißt: Sie dürfen keinen Zweifel daran entstehen lassen, dass sie die wichtigsten Erwachsenenregeln kennen und befolgen. Ich rate deshalb, alles zu prüfen, was von einem oder über einen im virtuellen Raum zu finden ist. Ist ein Bild, ein Videoclip, ein Posting kindisch oder pubertär, dumm oder gar bösartig? Dann ist es ein Einstellungshindernis und sollte dringend gelöscht werden.

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    Autor: Mobil Krankenkasse

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