„Ein gewisser Ehrgeiz gehört natürlich zum Sport wie das Salz in die Suppe“, sagt der Experte „Die meisten Läufer setzen sich beim Training gewisse Ziele – sie wollen schneller werden oder längere Distanzen zurücklegen. Leider gehen viele jedoch einen falschen Weg, indem sie immer mehr Leistung von ihrem Körper verlangen, ohne ihm die Chance zu geben, sich zu regenerieren.“

Der Köper strebt nach Balance

Doch was bedeutet überhaupt Regeneration? Um das zu verstehen, muss man wissen, wie der menschliche Körper funktioniert: „Unser Organismus ist ein ausgeklügeltes System, dessen Bestandteile sich immer wieder neu ausrichten, um ein dynamisches Gleichgewicht herzustellen“, schildert Eser Cankaya. „Nur durch das Zusammenspiel aller Bestandteile – von der kleinsten Zelle über das Skelett, die Muskeln und die Nerven bis hin zu den Organen – ist Leben und damit auch Bewegung möglich.“ Alle Aktivitäten stellen zunächst eine Belastung für unseren Körper dar. Bei jeder Trainingseinheit werden Knochen, Bänder, Muskeln und Sehnen beansprucht, die Energiereserven geleert. „Um seine Leistungsfähigkeit aufrecht zu erhalten, muss der Körper diese Belastung ausgleichen“, so der Experte. „Den Prozess, der notwendig ist, um nach einer Belastung wieder das ursprüngliche Leistungsniveau zu erreichen, nennt man Regeneration.“

Balance

Regeneration kann aktiv und passiv erfolgen

Wie lange der Körper für die Regeneration braucht, hängt von verschiedenen Faktoren ab: „Entscheidend sind die Art und Intensität der Belastung sowie der Trainingszustand, aber auch was und wann wir essen und wie wir schlafen“, erklärt er. Mit verschiedenen Maßnahmen können wir unseren Körper dabei unterstützen, sein Leistungsniveau so schnell wie möglich wiederherzustellen. Dabei unterscheidet man zwischen passiver und aktiver Regeneration. Eser Cankaya erläutert: „Passive Regeneration erfolgt durch äußerliche Maßnahmen wie Wärme- und Kälteanwendungen, ein Eisbad oder Massagen. Aktive Regeneration bedeutet hingegen, dass der Sportler sich während der Einheit aktiv bewegt. Zu solchen aktiven Maßnahmen zählen zum Beispiel das klassische Auslaufen, Ausradeln und Ausschwimmen, aber auch Dehnungsübungen und Faszientraining.“ Idealerweise sollte auf jede Belastung eine Regenerationseinheit folgen. Ist das nicht möglich ist, empfiehlt der Experte, ein bis zwei Tage in der Woche bewusst für aktive Regeneration zu nutzen.

Nicht ganz so bekannt ist, dass es neben der aktiven und passiven noch weitere Formen der Regeneration gibt: Bei der fortlaufenden Regeneration während der Einheit geht es unter anderem darum, wie viele Wiederholungen man macht und wie viele Pausen man zwischendurch einlegt. Die unmittelbare Regeneration umfasst die Maßnahmen, die man direkt nach dem Training ergreift, um die Regeneration zu unterstützen. Die nachwirkende Regeneration beschreibt die Trainingsgestaltung der folgenden Woche, zum Beispiel die Trainingspause nach einem Marathon. Und bei der erweiterten Regeneration geht es darum, dass im Anschluss an längere Phasen der Belastung auch Phasen ohne Belastung eingebaut werden.

Regeneration Bild

Pausen für mehr Leistung und weniger Verletzungen

Und welche Art der Regeneration ist nun effektiver – aktiv oder passiv? „Das lässt sich anhand der momentanen Studienlage nicht sagen“, erklärt Eser Cankaya. „Fest steht aber: Auch wenn noch Forschungsbedarf besteht, sollte jeder Sportler bewusst sein Augenmerk auf dieses Thema richten. Denn: Wer nicht ausreichend Wert auf Regeneration legt, wird früher oder später feststellen, dass seine Leistung im Training stagniert oder sogar zurückgeht. Hinzu kommt, dass das Verletzungsrisiko steigt, wenn wir unserem Körper nicht genügend Zeit und Möglichkeiten geben, um sich nach den Trainingseinheiten zu erholen.“

Meditation

Regenerationstipps für Läufer

Für alle, die sich jetzt fragen, wie sie ihre Pausen optimal gestalten könnten, hat Eser Cankaya ein paar Anregungen:

Spätestens seit der Fußball-WM 2014 kennen wir alle dank Per Mertesacker die sogenannte Eistonne. Auch wenn nicht jeder von uns eine solche Tonne zu Hause hat, können wir durch Wechselbäder unsere Durchblutung steigern und Stoffwechselprozesse besser in Gang setzen. Das geht zum Beispiel unter der Dusche. Wichtig ist dabei, immer mit dem kalten Guss zu enden.

Bei der Meditation geht es nicht darum, krampfhaft an nichts zu denken, sondern eher darum, die Gedanken schweifen zu lassen. Wer damit Schwierigkeiten hat, kann sich auf seine Atmung konzentrieren: tief durch die Nase ein- und durch den leicht geöffneten Mund wieder ausatmen. Das geht übrigens auch in ganz alltäglichen Situationen, zum Beispiel beim Kaffeetrinken oder während man auf den Bus wartet. Idealerweise baust du täglich 20 Minuten Meditation in deinen Alltag ein. Das senkt nicht nur dein Stresslevel, sondern hilft dir bezogen auf den Sport auch dabei, die Signale und Grenzen deines Körpers besser zu erkennen

Es gibt eine unglaubliche Menge an Nahrungsergänzungsmitteln. Viele sind unnötig, da unser Bedarf bereits durch eine ausgewogene Ernährung gedeckt wird. Anders sieht es bei Vitamin D aus, das wichtig für elementare Knochenumbauprozesse ist. Durch die geringe Sonnenstrahlung in unseren Klimazonen bekommt unser Körper in der Regel zu wenig davon. Deshalb lohnt es sich gerade in der bevorstehenden kalten Jahreszeit, in Absprache mit einem Arzt seinen persönlichen Wert ermitteln zu lassen, um ein eventuelles Defizit auszugleichen. Auch die Einnahme von Vitamin K2 empfiehlt sich, da es die Wirkung von Vitamin D unterstützt.

Eser Cankaya

Eser Cankaya ist Sport- und Physiotherapeut sowie Athletik-Trainer. Während seiner bisherigen Laufbahn war er unter anderem für die Fußball-Oberliga und den FC St. Pauli (U19, U23, Nachwuchsleistungszentrum) tätig. Seit 2014 ist er selbstständig und betreut zahlreiche Profisportler und Vereine.

Eser

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