Wenn die Kinder in die Pubertät kommen, stehen in vielen Familien die Zeichen auf Sturm. Die meisten Eltern kennen die plötzlichen, oft heftigen Gefühlsausbrüche ihres Kindes – aus Ärger wird ein Wutanfall, aus Traurigkeit der Weltuntergang. Die Intensität jugendlicher Reaktionen auf Ereignisse, die wir Erwachsenen für banal halten, ist wahrscheinlich hauptschuldig am schlechten Ruf der Pubertät. Aber ist diese Phase wirklich nur eine „Zeit des Schreckens“? Wir verraten, wie Sie die schärfsten Klippen umschiffen, und geben Ihnen Tipps, wie Sie die Pubertät ihrer Kinder sogar genießen können.

Was ist die Pubertät und wann beginnt sie?

Als Pubertät bezeichnet man die Lebensphase, in der Mädchen und Jungen ihre Geschlechtsreife erlangen. Mädchen durchlaufen sie meist zwischen dem 9. und dem 16. Lebensjahr, Jungen zwischen dem 11. und dem 19. Lebensjahr. Die Pubertät beginnt, wenn das Gehirn dem Körper den Befehl zur vermehrten Produktion von Sexualhormonen gibt. Diese sorgen nicht nur dafür, dass sich der Körper der Heranwachsenden verändert – auch ihr Gehirn wird in der Pubertät komplett „umgebaut“. Dabei ist der für Vernunft zuständige Frontallappen erst ganz zum Schluss dran. Deshalb werden in dieser Zeit die Gefühle teenagertypisch impulsiv in Handlungen umgesetzt und nicht wie beim Erwachsenen über den „vernünftigen“ Frontallappen hinterfragt, abgemildert und kontrolliert, bevor das Gehirn eine Reaktion auslöst. Hinzu kommen die Hormonschübe, die die Intensität der ungefilterten Gefühle noch verstärken.

 

Wie verändern Hormone Kinder in der Pubertät?

Das sogenannte Belohnungssystem des Gehirns funktioniert in der Pubertät anders als bei Kindern und Erwachsenen: Die moderne Gehirnforschung hat nämlich herausgefunden, dass der Dopaminspiegel bei jugendlichen Jungen und Mädchen zu niedrig ist. Das sogenannte Glückshormon wird normalerweise ausgeschüttet, wenn wir etwas Außergewöhnliches erleben oder Anerkennung bekommen. Diese „Belohnungsaussicht“ sticht bei Entscheidungen von Teenagern oft alle Argumente aus, ganz gleich wie vernünftig sie sind. Sie suchen regelrecht nach Dopaminkicks. Darum wollen und müssen Jugendliche extreme Erfahrungen machen. Konkret bedeutet das leider oft Schule schwänzen und Ähnliches.

 

Heranwachsende sind auf der Suche nach ihrer neuen Identität

Neben den Neuerungen an Körper und Gehirn kommt auch noch eine andere emotionale Komponente hinzu: Für viele Jugendliche ist die Pubertät von Unsicherheiten geprägt, denn sie müssen ihren Platz in der Erwachsenenwelt erst noch finden. Dieses Problem bewältigen Teenager, indem sie sich einerseits klar von den Eltern abgrenzen und andererseits neue Bindungen suchen. Identität stiftet in diesem Sinne alles, was Zugehörigkeit verschafft – ein Aufgebot an Äußerlichkeiten, aber auch Computerspiele, Club-Besuche und so weiter. Vor dem Hintergrund der dringenden Frage „Wer will ich sein?“ sehen Teenager ihre Eltern dann auch mit neuen Augen. Vieles, was diese tun oder erwarten, wird plötzlich hinterfragt, offen kritisiert und ganz bewusst anders gemacht – von der Kleidung über Essgewohnheiten, Reiseziele und Hobbys bis hin zu politischen Ansichten. Hinzu kommt: Erwachsen zu werden heißt auch, mit Meinungen, Grenzen und Werten zu experimentieren, neugierig auf die Reaktion zu warten und sich über eine Explosion womöglich sogar zu freuen. Identitätsbedingte Abgrenzung braucht nun mal Reibung.

Wie verhält man sich als Elternteil in der Pubertät richtig?

Die Zeit der Pubertät ist auch für die Jugendlichen alles andere als leicht. Viele typische Probleme in dieser Phase lassen sich hierdurch erklären. Eltern können sich selbst und der ganzen Familie das Leben erheblich erleichtern, wenn sie sich nicht gegen die Veränderungen sträuben, sondern sich ein paar Punkte klarmachen und versuchen zu akzeptieren. Zum einen: Die Zeiten der Hierarchie sind vorbei. Verbote und einseitig gesetzte Grenzen führen in der Pubertät nur zu Machtkämpfen, die Eltern nicht mehr gewinnen können. Viel besser ist es, sich auf Augenhöhe zu begeben, Teenager in ihrem Wunsch nach Selbstverantwortung ernst zu nehmen, zu diskutieren, statt anzusagen, und sich überraschen zu lassen, wie gern Teenager Grenzen, die sie sich selbst gesetzt haben, einhalten – zum Beispiel beim Ausgehen oder in Sachen Computerspielzeit. Zum anderen sollte der Wunsch nach Kontrolle ein Stück zurückgeschraubt werden. Auch wenn er verständlich ist: Teenager lassen sich nicht kontrollieren. Sie wollen nicht mehr, dass wir uns in ihr Leben einmischen. Stattdessen ist es besser, echtes Interesse zu entwickeln. Das heißt: neugierig beobachten und auf Bitte – und nur dann – unterstützen. Und es bedeutet vor allem: vertrauen. Vertrauen macht Jugendliche stark, selbstbewusst und verantwortungsvoll.

Sechs Tipps für Eltern, deren Kinder gerade in die Pubertät kommen

Die Pubertät kann auch eine Chance für eine neue Beziehung mit dem bald erwachsenen Kind sein. Folgende Tipps können dabei hilfreich sein:

  1. Sträuben Sie sich nicht gegen die Pubertät – damit begeben Sie sich auf einen verlorenen Posten. Stellen Sie stattdessen lieber Ihre eigenen Erwartungen auf den Prüfstand.
  2. Akzeptieren Sie die Veränderung und richten Sie Ihren Fokus auf die positiven Aspekte des Prozesses.
  3. Vergessen Sie auch nicht, den Nachwuchs immer mal wieder zu loben und ihm Ihren Respekt zu zeigen, wenn er etwas gut gemacht hat – Selbstzweifel haben Jugendliche schon genug.
  4. Zeigen Sie Schwäche und geben Sie Fehler zu. Für Teenager ist es eine wertvolle Erfahrung zu erleben, dass ihre Eltern auch nicht perfekt sind.
  5. Bleiben Sie im Gespräch. Das bedeutete nicht, den Nachwuchs auszufragen oder ihm Vorträge zu halten, sondern vielmehr zuzuhören, zu beobachten und einfach da zu sein.
  6. Nehmen Sie die glücklichen Momente ganz bewusst wahr und erinnern Sie sich an daran, wenn der Sturm der Pubertät mal wieder besonders wild tobt.

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