München, 19.05.2020
"Sport stärkt das Immunsystem, daher sollten wir uns täglich Zeit für zumindest ein paar Übungen nehmen“, erklärt Ingalena Schömburg-Heuck (33). Die gebürtige Starnbergerin war eine der erfolgreichsten Langstrecken-Läuferinnen Deutschlands, gewann mehrere Deutsche Meister-Titel und 2015 mit 49,54 Kilometern den Wings for Life World Run in München.
Heute coacht die Sportwissenschaftlerin und Ernährungsberaterin Freizeitsportler, erstellt unter anderem individuelle Trainingspläne. Unseren Lauftreff-Teilnehmern hat sie im Englischen Garten schon mehrfach Tipps gegeben. Weil ein gemeinsamer Lauf wegen der Corona-Maßnahmen derzeit nicht stattfinden kann, hat sie ein Video für ein effektives Training gedreht, welches jeder – vom Einsteiger bis zum Leistungssportler – ohne Geräte zu Hause durchführen kann.
Tabata: effektives Training dank 20-sekündiger Belastungs-Intervalle
„Tabata ist ein hochintensives Intervalltraining. Dabei wechseln sich jeweils 20 Sekunden Extrembelastung mit zehnsekündigen Erholungspausen ab“, erklärt die Sportwissenschaftlerin. „Mediziner raten in Zeiten von Corona, vor allem moderat zu trainieren. Denn Extrembelastungen schwächen die Abwehrkräfte kurzzeitig und machen anfälliger für Infekte. Dies nennt man den sogenannten „Open window“-Effekt. Bei einem hochintensiven Tabata-Training von nur wenigen Minuten muss man sich aber keine Sorgen machen, sein Immunsystem zu beeinträchtigen.“
„Gemeinsame Bewegungspausen, um neue Energie zu tanken“
Ein Tabata dauert insgesamt nur vier Minuten und besteht aus acht Intervallen. „Je intensiver die Belastung erfolgt, umso größer ist der Effekt auf das Leistungsvermögen und die Fettverbrennung.“ Wissenschaftliche Studien haben bestätigt, dass ein vierminütiges intensives Tabata-Workout genauso effektiv ist wie eine Stunde moderates Ausdauertraining.
„Das Schöne am Tabata ist, dass jeder in seinem persönlichen Leistungslevel trainieren kann. Wenn in Zeiten von Corona Paare oder Familien viel zu Hause sind, helfen gemeinsame Bewegungspausen – zum Beispiel mit Tabata –, den Kopf freizubekommen und neue Energie zu tanken. Tabata funktioniert überall – aber auch im Büro, mit Kollegen. Man braucht kaum Platz und auch keine Geräte.“
Ausdauer und Herz-Kreislauf-System stärken, Fett verbrennen, Muskeln aufbauen
Je nach Trainingsziel stellt man sich beim Tabata einzelne Übungen zusammen, welche möglichst große Muskelgruppen beanspruchen:
- Übungen wie Seilspringen, schnelles Laufen auf der Stelle oder High Knees sind ideal,
- um die Ausdauer zu steigern. Zudem halten sie die Gefäße elastisch.
- Übungen wie der Hampelmann, Seilspringen oder Strecksprünge ermöglichen eine
- bessere Fettverbrennung. Auch sie trainieren Herz und Kreislauf.
- Übungen wie Planks, Crunches oder Liegestütze helfen beim Muskelaufbau.
Was sollte man bei Tabata beachten? Drei Tipps der Sportwissenschaftlerin
- Stoppuhr bereitlegen: Die Stoppuhr beispielsweise auf dem Smartphone hilft, die Intervalle von 20 und zehn Sekunden exakt einzuhalten.
- Nicht überanstrengen: Für einen besseren Effekt sollte man sich beim Tabata von Training zu Training steigern – also versuchen, beispielsweise mehr Hampelmänner zu schaffen oder schneller auf der Stelle zu laufen. Um Überlastungen zu vermeiden, sollten aber gerade Einsteiger die Intensität nur langsam erhöhen.
- Übungen variieren: Neue Übungen sorgen für Abwechslung. So hat Langweile keine Chance. „Spontan mit dem Kinderwagen einen Halbmarathon gelaufen“
Interview
Wie hat sich dein Training durch Covid-19 verändert?
„Corona hat vieles verändert, in unserem Alltag aber gar nicht so extrem viel. Ich habe zwei Jungs. Der Große geht normalerweise in den Kindergarten, ist jetzt eben daheim. Meinen Kleinen hatte ich ohnehin noch zu Hause. Das heißt, ich trainiere jetzt noch häufiger mit beiden Jungs, was aber super toll ist. Wir erkunden die Umgebung und uns ganz ohne Stress und Druck. Bei meinen Lauftrainings begleitet mich Frederik (4) inzwischen radelnd für rund 20 Kilometer und Carl (1) freut sich im Sportbuggy über die viele Bewegung an der frischen Luft.
Derzeit trainiere ich etwa vier Mal pro Woche, davon zwei Mal mit den Jungs und zwei Mal alleine – früh morgens oder am Abend, wenn mein Mann da ist. Zusätzlich laufe ich einmal am Wochenende eine längere Runde. Als Anfang Mai der Wings for Life World Run wegen Corona virtuell stattgefunden hat, bin ich mit dem Kinderwagen los, wollte eigentlich nur, dass mein Kleiner seinen Mittagsschlaf im Wagen macht. Weil das Wetter so schön war und er entspannt geschlafen hat, ist ganz spontan ein Halbmarathon draus geworden. Das hat großen Spaß gemacht. Etwa zwei Mal pro Woche ergänze ich mein Training durch ein Workout wie Tabata.“
Welche drei Übungen sind deine Tabata-Favoriten?
„Beim Tabata daheim finde ich Skippings super, außerdem Mountain-Climber und Ausfallschritt-Varianten.“
Tabata eignet sich ideal, um abzunehmen, heißt es. Wie erklärt sich das?
„Durch die hohen Belastungen während der vier Minuten verbrennt der Körper im Anschluss viel Energie. Das bedeutet: Durch den sogenannten „Nachbrenneffekt“ steigt der Kalorienverbrauch und man nimmt schneller ab.“
Wie hältst du es in Zeiten von Corona mit intensiven Belastungen?
„Ich trainiere primär im Mitteltempo – das ist fürs Immunsystem besser und das ist derzeit am Wichtigsten. Längere Läufe im Grünen machen mir sehr viel Spaß. So erkunde ich die Gegend, habe eine Auszeit vom Mama sein und tanke neue Kraft.“
Hast du dir ein sportliches Ziel für 2020 gesetzt?
„Ich hatte mit dem Berlin Marathon geliebäugelt. Wegen Corona fällt der jetzt ja aus. Laufen macht mir aber auch ohne konkretes Ziel Spaß.“
Worauf freust du dich ganz persönlich in der Zeit nach Corona?
„Auf das Miteinander mit anderen Läufern und einen entspannten Umgang miteinander. Es schleicht sich gerade so eine Distanz ein, die mir überhaupt nicht gefällt.“