Emotionale Intelligenz
Warum emotionale Intelligenz kein "Nice-to-have" ist, sondern dein Leben leichter und deine Beziehungen tiefer machen kann, erläutert unsere Expertin Marie.

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Psychologin Marie-Sophie klärt zum Thema Emotionale Intelligenz auf
Wir haben mit Psychologin Marie-Sophie Vetter zum Thema Emotionale Intelligenz gesprochen. Was genau emotionale Intelligenz bedeutet und ob man es noch lernen kann, erklärt sie in dem Artikel.
Manche verstehen sofort, wie es dir geht – auch ohne, dass du ein Wort sagst. Das hat nichts mit Zauberei zu tun, sondern mit einer Fähigkeit, die dein Leben leichter und deine Beziehungen tiefer machen kann: die emotionale Intelligenz.

Emotionale Intelligenz – was genau ist das?
Vielleicht kennst du das: Du kommst in einen Raum und spürst sofort, dass die Stimmung irgendwie angespannt ist – ohne dass jemand ein Wort gesagt hat. Oder du merkst bei dir selbst, dass dich etwas aufregt. Vielleicht wird dein Herz schneller, deine Stimme lauter und du hast ein Gefühl der Anspannung. Doch anstatt jetzt komplett loszustürmen und wütend zu sein, spürst du eine gewisse Fähigkeit in dir, die dir dabei hilft, jetzt ruhig zu bleiben, tief durchzuatmen und zu überlegen, wie du jetzt am besten reagieren möchtest.
Und genau das - ist emotionale Intelligenz in Aktion. Denn sie beschreibt die Fähigkeit, mit den eigenen Gefühlen bewusst umzugehen und gleichzeitig auch die Emotionen anderer wahrnehmen und verstehen zu können. Es geht also nicht darum, Gefühle (wie bspw. die Wut) zu unterdrücken oder immer in jeder Situation „cool“ zu bleiben, sondern die aufkommenden Gefühle zwar zu spüren und anzunehmen aber dennoch klug damit umzugehen – bei dir selbst und in der Begegnung mit anderen.
Was emotional intelligente Menschen ausmacht
Der Vorteil von emotional intelligenten Menschen liegt darin, dass sie nicht nur ihre eigenen Gefühle erkennen, sondern sie auch einordnen und ausdrücken können. Sie hören daher zu, ohne sofort zu urteilen, und reagieren auf andere so, dass diese sich verstanden fühlen. Das klingt einfach, ist aber im Alltag oft eine echte Herausforderung – vor allem, wenn Stress, Ärger oder Unsicherheit ins Spiel kommen. Doch auch hier können Methoden, wie die Achtsamkeit, Selbstreflexion und die Bereitschaft, die Perspektive zu wechseln, helfen.
Handelst du bereits emotional intelligent?
Vielleicht kennst du diese Momente: Du bist kurz davor, aus dem Gefühl heraus zu reagieren, und hältst dann doch einen kurzen Augenblick inne. Du atmest, überprüfst, was dir gerade wirklich wichtig ist, ob deine Reaktion oder dein Gesagtes nun wirklich etwas Positives zu der Situation beiträgt, und entscheidest dich dann bewusst gegen die erste impulsive Reaktion. Oder du merkst, dass eine Freundin oder ein Freund sich verändert verhält, und fragst nach, was los ist, anstatt dich zurückzuziehen oder die Situation zu ignorieren. Solche kleinen, bewussten Handlungen zeigen, dass du nicht nur deine eigenen Gefühle im Blick hast, sondern auch die deines Gegenübers.
Aber warum ist emotionale Intelligenz nun so wichtig?
Emotionale Intelligenz ist kein „Nice-to-have“, sondern ein wesentlicher Bestandteil dessen, wie wir mit uns selbst und unserer Umwelt in Interaktion stehen. Sie beeinflusst, wie wir mit Konflikten umgehen, wie wir Beziehungen gestalten und wie wir uns selbst verstehen. Denn wer seine eigenen Gefühle kennt und einordnen kann, trifft Entscheidungen, die nicht nur rational nachvollziehbar, sondern auch emotional stimmig sind. Und wer zudem die Emotionen anderer wahrnehmen, und auf eine empathische Weise reagieren kann - schafft Verbindung, statt Distanz.
Kann man emotionale Intelligenz denn lernen oder ist es irgendwann zu spät?
Die gute Nachricht: Nein – es ist nie zu spät, denn emotionale Intelligenz kannst du in jedem Alter noch lernen. Aber wie bei allem, bedarf es auch hier an Übung. Du kannst dir die emotionale Intelligenz sozusagen, wie ein Muskel vorstellen, den du immer wieder trainieren darfst, damit er stärker wird. Im Kern besteht die emotionale Intelligenz aus 3 Bereichen:
- Selbstwahrnehmung – das Erkennen der eigenen Gefühle und Körperreaktionen.
- Selbstreflexion – das Nachdenken darüber, warum du gerade so fühlst.
- Selbstregulation – die Fähigkeit, bewusst zu entscheiden, wie du mit diesen Gefühlen umgehen willst.
So einfach kannst du emotionale Intelligenz im Alltag üben:
Schließe für einen Moment die Augen und nimm drei tiefe Atemzüge. Spüre in deinen Körper hinein: Wo fühlst du dich gerade angespannt? Welche Muskelgruppen kannst du wahrnehmen? Wo genau spürst du die Verspannung? Versuche, diese Bereiche einfach nur wahrzunehmen, ohne etwas verändern zu wollen. Atme dann ganz bewusst in diesen Bereich ein und aus. Schicke deine Atmung somit ganz achtsam in den Teil deines Körpers, in dem du mehr Raum erzeugen und die Verspannung lösen möchtest. Und dann wiederhole diese Schritte so oft, wie du magst. Nur ganz wichtig: Lenke deine Aufmerksamkeit dabei voll und ganz auf den gegenwärtigen Moment, um ganz in die Verbindung zu dir zu kommen.
Allein dieses kurze Innehalten trainiert deine Fähigkeit, Gefühle früh zu bemerken und mit ihnen bewusst umzugehen. Und genau hier beginnt die emotionale Intelligenz – nicht in großen Theorien, sondern in den kleinen Momenten, in denen du dich selbst wirklich wahrnimmst.