Trend Vagusnerv – was steckt dahinter?
Vagusnerv-Stimulation ist einer der Selfcare-Trends in den sozialen Netzwerken. Aber worum geht es dabei überhaupt und steht der Vagusnerv zu Recht so stark im Rampenlicht? Wir klären auf, was genau der Vagusnerv mit unserem Wohlbefinden zu tun hat.
Ob Atemübungen, Ohrmassage oder Singen: Wer online danach sucht, findet zahlreiche Anleitungen für eine Vagusnerv-Stimulation. Der Nerv, der den Darm mit dem Hirn verbindet, gerät zunehmend in den Fokus. In der alternativen Medizin gilt er sogar als Selbstheilungsnerv und wahres Multitalent. Seine Stimulation soll gegen Depressionen, Epilepsie, Vorhofflimmern, Übergewicht und Tinnitus helfen. Aber welche Rolle spielt der Vagusnerv wirklich für die mentale und körperliche Gesundheit und können wir mit bewussten Übungen zur Stimulation unser Wohlbefinden verbessern? Wir gehen der Sache auf den Grund.
Welche Funktionen hat der Vagusnerv?
Der Vagusnerv ist der längste unserer zwölf Hirnnerven und verläuft vom Gehirn aus auf beiden Halsseiten über den Brustraum zum Darm. Er vermittelt zwischen einer Vielzahl von Körperfunktionen wie der Herzfrequenz, Verdauung oder der Atmung. Die vielen Seitenäste des Nervs versorgen fast alle Hals-, Brust- und Bauchorgane. Der Vagusnerv ist der wichtigste Teil des parasympathischen Nervensystems. Der Parasympathikus, Bestandteil des vegetativen Nervensystems, dient der Erholung und dem Aufbau von Energiereserven im Körper. Somit ist der Vagusnerv in unserem Körper mit verantwortlich für die Entspannung, Verdauung und unsere Energiereserven. Das Gehirn kommuniziert über den Vagusnerv mit den Organen im Körper. Darmtätigkeiten werden zum Großteil über Veränderungen im Vagusnerv vermittelt und umgekehrt: Die Hunger- und Sättigungssignale aus dem Magen kommuniziert der Körper ebenfalls über den Vagusnerv zum Gehirn.
Stimulation des Vagusnervs – bewiesene Wirkung?
Studien zeigen, dass die Stimulation des Vagusnervs bei einer Vielzahl von psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen hilfreich sein kann.1 Die Studien beziehen sich dabei auf zwei verschiedene Formen der elektrischen Stimulation; eine invasive und eine nichtinvasive. Wirkungen auf den Vagusnerv durch eine Selbstbehandlung, beispielsweise in Form von Meditation oder Summen, sind hingegen nicht aussagekräftig mit Studien zu belegen.2
Schon seit Jahrzehnten etabliert ist die invasive Vagusnervstimulation (iVNS) für therapieresistente Epilepsie: Hierbei setzt in einer Operation ein Neurochirurg im oberen Brustbereich Stimulationselektroden sowie einen Generator ein, ähnlich wie bei einem Herzschrittmacher. Die Stromimpulse wirken über den Vagusnerv im Gehirn und hemmen dort Aktivitäten, die zu epileptischen Anfällen führen. Bereits in den 1990er-Jahren wurde diese Methode vermehrt eingesetzt, wobei eine positive Nebenwirkung beobachtet werden konnte: die Stimmungsaufhellung bei einigen Patienten. Studien untersuchten den Effekt und stellten nachweislich Effekte auf die Stimmung dar. Deshalb ist die iVNS seit den 2000er-Jahren auch als Therapieoption bei Depressionen, die auf Medikamente oder Psychotherapie nicht ansprechen, anerkannt.
Als alternativer Zugang zum Vagusnerv besteht mit der transkutanen aurikulären Vagusnervstimulation (taVNS) demgegenüber eine nichtinvasive Methode.3 Für diese Art der Stimulation wird eine Elektrode am Ohr platziert, um mit einem geringen Stromfluss einen Ast des Vagusnervs anzuregen.
Ja, was denn nun?
Wir sehen also: Der Vagusnerv ist der größte Hirnnerv und verbindet das Gehirn mit dem Darm. Die Wirkung der Stimulation mit Strom ist erforscht und zeigt Vorteile für die psychische Gesundheit und bei Epilepsie auf. Inwieweit Behandlungen verschiedener Krankheiten durch Stimulation des Vagusnervs unterstützt oder durchgeführt werden können, müssen weitere Studien und die Zukunft zeigen. Bewiesen ist auf jeden Fall, dass durch strombasierte Stimulation des Vagusnervs die Kommunikation zwischen Körper und Hirn beeinflusst werden kann. Was das für die breite Masse bedeutet, wird sich zukünftig zeigen.
Fünf Übungen, die den Vagusnerv stimulieren können
Wer es trotz fehlender Studien mit den einfachen Methoden für zu Hause einfach mal ausprobieren möchte, für den haben wir ein paar Anregungen:
- Summen oder Singen: Die Vibration der Stimme soll den Vagusnerv stimulieren.
- Atemübungen: Tief in den Bauch atmen, die Luft kurz anhalten, dann langsam ausatmen (länger als die Einatmung).
- Massage: Seitlich beide Handflächen außen an den Hals legen und mit sanften Bewegungen zwischen Ohr und Schulterübergang kreisend über die Haut streichen.
- Gurgeln: Der Vagusnerv kann durch die Stimulierung der Rachen- und Kehlkopfmuskulatur aktiviert werden.
- Akupressur: Den Punkt in der Ohrmuschel, der mit dem Vagusnerv in Verbindung steht, 30 Sekunden drücken und wieder loslassen. Mehrmals wiederholen.
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