München, 22.04.2020
Hampelmann, Kniehebelauf und Wechselsprünge: In ihrem Video gibt 800 Meter-Läuferin Christina Hering viele Tipps, wie sich Läufer in Zeiten von Corona fit halten können.
Die 13-fache Deutsche Meisterin und Olympiateilnehmerin hätte den Startschuss für die 16. Sommersaison des beliebten Präventionsprojekts im Englischen Garten gegeben. Da das Training wegen des Virus vorläufig nicht stattfinden kann, hat die schnelle Münchnerin ein Video gedreht.
Neben der Ausdauer empfiehlt sie, vor allem auch die Koordination zu trainieren, um die Sprunggelenke beweglich zu halten und so Verletzungen vorzubeugen. „Außerdem hilft es, kraft- und gelenkschonender und damit ökonomischer zu laufen“, erklärt die 1,87 Meter große Läuferin, die bei Instagram und Facebook unter ihrem Spitznamen @runningfischi zu finden ist.
Auch für Christina Hering sieht das Sportjahr 2020 völlig anders aus als geplant: Statt sich auf die Olympischen Spiele vorzubereiten, trainiert sie nun alleine in Münchner Parks und zu Hause im Wohnzimmer.
Übungstipps von Christina Hering
1) Aufwärmen mit dem „Hampelmann“ (etwa 1 Minute)
Der „Hampelmann“ ist einfach und effektiv, verbessert die Ausdauer und die Koordinationsfähigkeit. Der gesamte Körper ist dabei im Einsatz – Arme und Schultern, Beine, Po und der Rumpf werden aktiviert. So geht der klassische „Jumping Jack“: leicht in die Luft springen und dabei Arme und Beine gleichzeitig jeweils zusammen und wieder auseinander führen.
Wer die monotone Übung langweilig findet, kann verschiedene Variationen ausführen. Eine Möglichkeit: die Bewegungsrichtung der Beine zu ändern und diese nicht mehr seitlich, sondern nach vorne und hinten öffnen. Zweite Möglichkeit: der „Squat Jack“. Dabei eine Kniebeuge machen, aus der Hocke springen und die Übung wie den klassischen „Hampelmann“ fortsetzen.
2) Dynamisches Dehnen (etwa 5 Minuten)
„Dehnen ist wichtig, weil regelmäßiges Laufen die Skelettmuskulatur enorm belastet und die monotonen Bewegungsabläufe beim Lauftraining Verspannungen und Muskelverkürzungen verursachen können“, erklärt die Sportwissenschaftlerin. „Dehnübungen bereiten den Körper auf die sportliche Belastung vor und fördern die Beweglichkeit der Gelenke.“
Christina Hering empfiehlt unter anderem:
- Ausfallschritte zur Lockerung der Hüfte, zur Verbesserung der Beinarbeit, zur Stärkung der Po-Muskulatur und der Kniesehnen.
So geht’s: Nehmt eine Ausfallschrittposition ein. Geht nach vorne in den nächsten Ausfallschritt. Halten Sie den Oberkörper aufrecht, blicken Sie gerade nach vorne und koordinieren Sie Ihre Arme mit den Beinen. 15 Ausfallschritte pro Seite.
- Knie hochziehen für den Hüft-Beugemuskel und die Kräftigung der Fußgelenke.
So geht’s: Stellt euch auf die Zehenspitzen. Hebt die Oberschenkel abwechselnd so an, dass sie parallel zum Boden stehen. Sie bewegen sich dabei nicht fort, sondern bleiben auf der Stelle. Dauer: etwa 1 Minute.
3) Lauf-ABC (etwa 10 Minuten)
Lauftechnik-Übungen trainieren Koordination, Beweglichkeit, Sprungkraft und Schnelligkeit. Sie ermöglichen, kraft- und gelenkschonender zu laufen.
Christina Hering empfiehlt:
- Fußgelenksarbeit
So geht’s: Auf die Zehenspitzen gehen und den Fuß flüssig von der Zehenspitze zur Ferse abrollen. Die Knie werden dabei nicht mehr als 45 Grad angewinkelt. Die Arme schwingen locker und gegengleich. Die Zehenspitze verlässt bei dieser Bewegung kaum den Boden. Dauer: etwa 1 Minute.
- Skippings
So geht’s: Die Knie abwechselnd unter hoher Frequenz bis etwa 70 Grad anheben. Die Zehenspitzen anheben und immer nur auf dem Vorfuß landen. Dauer: etwa 1 Minute.
- Kniehebelauf
So geht‘s: Kräftig abdrücken und Knie bewusst anheben. Der Oberschenkel sollte möglichst waagrecht zum Boden sein. Dauer: etwa 1 Minute.
- Anfersen
So geht‘s: Die Unterschenkel abwechselnd zum Po ziehen. Diese Übung wird in einer hohen Frequenz ausgeführt und verbessert die Schnelligkeit. Dauer: etwa 1 Minute.
- Sprunglauf
So geht’s: Kräftig abdrücken, Ober- und Unterschenkel bilden im Idealfall einen rechten Winkel. Dauer: etwa 1 Minute.
- Sprünge
So geht’s: Springt auf einer Strecke von etwa 10 Metern mal vorwärts, mal seitlich, mal rückwärts, mal einbeinig. Jeweils drei bis fünf Wiederholungen.
4) Intervalltraining nach Zeit (etwa 30 Minuten)
Christina Hering: „Viele Freizeitläufer laufen nicht gerne alleine. Auch ich trainiere am liebsten in der Gruppe. Intervalle sind mir immer willkommen – sie bieten ein abwechslungsreiches Training mit Spaß. Ich laufe ganz simpel nach Zeit – 15 mal 1 Minute möglichst schnell, dazwischen jeweils 1 Minute Pause. Während dieser Pause laufe ich langsam weiter.“
Interview: fünf Fragen an Olympiateilnehmerin Christina Hering
2016 hast du erstmals an den Olympischen Spielen teilgenommen. Für Tokio warst du längst qualifiziert. Dann kam Corona. Was bedeutet die Olympiaverschiebung für dich und wie hast du als Sportlerin die vergangenen Wochen erlebt?
„Die Olympiaverschiebung war natürlich im ersten Moment sehr traurig, auch wenn es definitiv die richtige Entscheidung war. Ich hatte eine tolle Hallensaison und war im Training so fit wie noch nie. Jetzt gilt es, das gleiche Niveau im nächsten Jahr wieder zu erreichen. Ich bin aber sehr froh, dass die Olympischen Spiele nicht ausfallen, sondern verschoben werden konnten.“
Normalerweise trainierst du zehn Mal pro Woche. Wie sieht dein Training derzeit aus?
„Ich versuche, meinen gewohnten Ablauf so gut wie möglich durchzuziehen. Normalerweise wäre ich drei Wochen im Trainingslager in Flagstaff, Arizona, gewesen. Stattdessen trainiere ich jetzt schon seit fünf Wochen alleine in München. Ich vermisse definitiv meine Trainingsgruppe und meine Trainer, aber bis jetzt kann ich mich trotzdem motivieren. Da aber auch unsere Trainingsstätten und der Olympiastützpunkt inklusive Physiotherapie seit Wochen geschlossen sind, ist das Training natürlich schon eingeschränkt. Ich gehe Laufen und mache unterwegs und zu Hause Kraft-, Koordinationsund Stabilisationsübungen. Ergänzend baue ich nun auch öfter Yoga in mein Training ein.“
Du trainierst normalerweise am Olympiastützpunkt, mit anderen Athleten. Wie hältst nun zu Hause beziehungsweise im Park deine Motivation aufrecht und vermeidest, in ein Loch zu fallen?
„Das Training erhält mir momentan ein Stück weit Routine im Alltag. Nach der Bewegung an der frischen Luft fühle ich mich immer richtig gut, das kann ich also wirklich jedem empfehlen.“
2019 hast du mit 1:59,41 Minuten eine neue persönliche Bestleistung erreicht. Wettkämpfe sind derzeit nicht möglich. Hast du dir für die nächsten Monate dennoch ein neues Ziel gesetzt?
„Ein neues sportliches Ziel habe ich mir noch nicht gesetzt – wir müssen zunächst abwarten, ob in diesem Jahr noch Wettkämpfe stattfinden können. Dennoch steht jetzt schon fest, dass dieses Jahr nicht annähernd so ablaufen wird, wie es geplant war. Privat und beruflich tut sich dagegen einiges bei mir: In Kürze gebe ich meine Masterarbeit ab und bin dann fertig mit meinem „Management“-Masterstudium, nach meinem Bachelor in Sportwissenschaften, beides an der TU München. Für die nächsten Monate und Jahre habe ich viele Ideen und Projekte in meinem Kopf, aber da es wegen Covid-19 gerade sehr schwierig ist, zu planen, kann ich noch keine Details oder Termine nennen.“
Worauf freust du dich nach der Corona-Krise am meisten?
„Ich freue mich am meisten darauf, meine Familie und Freunde wieder uneingeschränkt zu treffen. Zudem fiebere ich dem normalen Trainingsablauf mit Trainer, Trainingsgruppe und Trainingsstätte entgegen. Ich möchte versuchen, die gewonnene Zeit im Sommer für schöne Dinge zu nutzen, für die sonst oft zu wenig Zeit bleibt – zum Beispiel möchte ich einige Fotoalben anfertigen. Am meisten freue ich mich aber auf ausgiebige Treffen mit Familie und Freunden.“