Intervallfasten: Welche Wirkung hat das Essen nach Zeitplan?
Unkompliziert abnehmen und gleichzeitig etwas für die Gesundheit tun – das verspricht das sogenannte intermittierende Fasten. Was bringt der Ernährungstrend, worauf sollte man achten und welche Fehler vermeiden? Wir haben bei dem Experten Dr. Rainer Stange nachgefragt.
Wer schon einmal eine Diät gemacht hat, kennt wahrscheinlich die Gefahr: Man zählt penibel Kalorien, verbietet sich bestimmte Lebensmittel – und verfällt dann doch wieder in alte Ernährungsmuster. Das Resultat: erneute Gewichtszunahme und Frust, weil die ganze Anstrengung umsonst war. Das Konzept des Intervallfastens hingegen verspricht, dass die Pfunde ganz ohne Verzicht purzeln – einfach indem man stunden- oder tageweise aufs Essen verzichtet, dafür aber in der restlichen Zeit zu sich nehmen kann, was man möchte. Was steckt hinter dem Trend zum intermittierenden Fasten und welche Wirkungen sind nachweisbar?
Intervallfasten – viele Methoden, ein Prinzip: Essenspausen statt Verzicht
„Während beim klassischen Heilfasten mehrere Tage auf Nahrung verzichtet wird, genügt es beim Intervallfasten, regelmäßige Essenspausen einzulegen. Dabei gibt es zahlreiche Ansätze, die sich durch die Dauer und Häufigkeit der Fastenphasen unterscheiden“, erklärt Dr. Rainer Stange, Internist und Experte für Naturheilverfahren und physikalische Therapie in der Abteilung Naturheilkunde am Immanuel Krankenhaus Berlin. Grundsätzlich kann man Muster mit unterschiedlichen Tagen und solche mit wiederholten unterschiedlichen Tagesabläufen unterscheiden. Eine gängige Methode ist die 5:2-Diät, bei der man an fünf Tage pro Woche so wie gewohnt isst und an zwei Tagen fastet, wobei diese Tage nicht aufeinanderfolgen müssen. An den beiden Fastentagen darf man 500 bis 600 Kalorien zu sich nehmen. Bei der 1:1-Methode wiederum isst man im Wechsel einen Tag normal und fastet einen Tag. Am Fastentag sind ausschließlich Wasser, ungesüßter Tee, Obst- und Gemüsesäfte und eine kalorienarme Gemüsebrühe erlaubt. Schließlich gibt es noch die klassischen Formen des Intervallfastens, wie die 16:8-Methode, bei der Tag für Tag ausschließlich innerhalb von acht Stunden gegessen wird, während man 16 Stunden lang nur kalorienfreie Getränke zu sich nimmt. „Man kann beispielsweise das Abendessen oder das Frühstück ausfallen lassen – die Erfahrung zeigt, dass das vielen Menschen leichter fällt, als komplette Fastentage in den Alltag zu integrieren“, weiß Dr. Stange.
Das passiert beim Intervallfasten im Körper
Aber warum sind solche Fastenphasen überhaupt eine gute Sache für den Körper? „Normalerweise sind wir es gewohnt, unserem Körper über den Tag verteilt immer wieder Energie zuzuführen – sei es durch Essen oder durch Trinken“, so der Ernährungsexperte. „Dabei steigt der Blutzuckerspiegel jedes Mal an und die Bauchspeicheldrüse schüttet Insulin aus. Das Hormon wird gebraucht, um vor allem Kohlenhydrate aus der Nahrung zu verwerten. Gleichzeitig baut Insulin aus meist vorhandener überschüssiger Energie Körperfett auf, sodass wir an Gewicht zunehmen. Hinzu kommt: Bei einer dauerhaften Überversorgung – insbesondere mit Glukose, die in zahlreichen Lebensmitteln vorkommt – reagieren die Zellen immer schlechter auf das Insulin, sodass mehr davon nötig ist. Diese sogenannte Insulinresistenz führt langfristig zum Typ-2-Diabetes, bei dem die Bauchspeicheldrüse nicht mehr genug produzieren kann, um den jetzt erhöhten Bedarf zu decken. Längere Nahrungspausen wirken dem entgegen, denn der Insulinspiegel sinkt regelmäßig ordentlich ab, sodass die Bauchspeicheldrüse Pause hat und der Körper Fett abbauen kann.“ Dr. Stange hat allerdings Zweifel, ob 16 oder 24 Stunden ohne nennenswerte Energieaufnahme schon reichen, um ausreichend sogenannte Ketone zu produzieren. Ketone sind die Brennstoffe des Hungerstoffwechsels, denen heute viele sehr positive Eigenschaften zugeschrieben werden.
Gewichtskontrolle und Gesundheitseffekte: Was sagen Studien?
Verschiedene Studien belegen, dass Intervallfasten beim Abnehmen helfen kann – und deuten darauf hin, dass das Ernährungskonzept noch weitere positive Effekte auf Gesundheit und Wohlbefinden hat.1 „Unter anderem hat sich eine günstige Wirkung des intermittierenden Fastens auf Herz-Kreislauf-Risikofaktoren wie Blutdruck, Körperfettanteil, Ruhepuls sowie zahlreiche Laborparameter wie Cholesterin, Triglyzeride, Insulin und Glukose gezeigt“, so Dr. Stange. Allerdings kommen die Studien nicht immer zu übereinstimmenden Ergebnissen. „Das ist aber nicht verwunderlich, da die einzelnen Fastenmethoden nicht einheitlich definiert sind. Hinzu kommt, dass Faktoren wie das Alter, das Ausgangsgewicht, die genetische Veranlagung der Studienteilnehmer und vor allem ihre bis dahin oft über Jahrzehnte gewohnte Ernährung einen Einfluss auf die Ergebnisse haben.“ Zu den Langzeiteffekten des Intervallfastens liegen noch keine Erhebungen vor und es ist unklar, wie lange günstigere Stoffwechselmuster in Phasen „normaler“ Ernährung erhalten bleiben. „Die lückenhafte Datenlage sollte gesunde Menschen, die einige Pfunde verlieren möchten, aber nicht daran hindern, das intermittierende Fasten einmal auszuprobieren“, sagt der Spezialist. „Viele Interessierte haben bereits Erfahrungen mit Diäten gesammelt und können deshalb schon nach kurzer Zeit beurteilen, ob dieser Weg für sie praktikabel ist und positive Effekte mit sich bringt.“ Neben dem Blick auf die Waage solle man kritisch beurteilen, wie der geistig-seelische Zustand reagiert. Dr. Stange hat in seiner Praxis erlebt, dass viele Patienten beispielsweise über einen klareren Kopf, besseren Schlaf und mehr Ausgeglichenheit berichten. Erste Erfolge stellen sich demnach rasch, maximal innerhalb von zwei bis drei Wochen ein. Er betont aber auch: „Wer von der ungewohnten Ernährungsweise nur gestresst ist, sollte die Finger davon lassen.
Für wen ist intermittierendes Fasten geeignet?
Obwohl Intervallfasten den meisten guttut, sollten einige Menschen Vorsicht walten lassen und ihren Arzt fragen, bevor sie mit dem Intervallfasten beginnen – das gilt insbesondere für Diabetiker mit Medikationen, die Unterzuckerung auslösen können, sowie Menschen mit anderen Stoffwechselerkrankungen. Eine Besprechung mit dem Arzt empfiehlt sich auch bei einem hohen Lebensalter und niedrigem Blutdruck. Nicht angeraten ist das intermittierende Fasten in der Schwangerschaft und Stillzeit, bei Essstörungen wie Anorexie oder Bulimie, bei Untergewicht und bei Migräne.