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Schlaganfall – wenn jede Minute zählt

Ein Schlaganfall kann das Leben innerhalb von Sekunden verändern. Wir haben Allgemeinmediziner Dr. Jan-Philipp Albersmeier zu den verschiedenen Arten von Schlaganfällen, frühzeitigen Warnzeichen, Symptomen, Risikofaktoren und den Aussichten einer (vollständigen) Rehabilitation befragt.

Ein Schlaganfall tritt auf, wenn die Blutzufuhr zu einem Teil des Gehirns gestört oder unterbrochen wird, was zu einer Schädigung des Gewebes und zu einer Vielzahl von körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen führen kann.

Herr Dr. Albersmeier, was unterscheidet einen leichten Schlaganfall von einem schweren?

Dr. Albersmeier: Ganz einfach: Der eine kommt mit einem Schrecken davon, der andere hat Pech. Bei einem leichten Schlaganfall – oft als TIA oder Minor Stroke bezeichnet – verschwinden die Symptome meist innerhalb von 24 Stunden. Ein schwerer Schlaganfall betrifft dagegen größere Hirnareale und kann zu bleibenden Ausfällen führen, wie Lähmungen oder Sprachverlust. Entscheidend ist, wie viel Hirngewebe betroffen ist – und wie schnell man handelt.

Allgemeinmediziner Dr. Jan Philipp Albersmeier
Allgemeinmediziner Dr. Jan Philipp Albersmeier © privat

Kann ein Schlaganfall sich ankündigen oder kommt er immer überraschend?

Dr. Albersmeier: In vielen Fällen trifft er wie aus heiterem Himmel. Aber in rund einem Drittel der Fälle gibt es Vorboten: eine sogenannte TIA, also ein Mini-Schlaganfall. Die Beschwerden sind oft identisch, verschwinden aber rasch. Trotzdem ein Notfall! Der Körper sendet hier ein Warnsignal – bitte nicht überhören.
 

Welche Warnzeichen sollte man kennen – und wie hilft der FAST-Test?

Dr. Albersmeier: Der FAST-Test ist ein echter Lebensretter:

  • Face: Hängt ein Mundwinkel?
  • Arm: Lässt sich ein Arm nicht heben?
  • Speech: Ist die Sprache verwaschen?
  • Time: Dann sofort 112 wählen!

Ergänzend gilt: Plötzlicher Schwindel, Sehstörungen oder starker Kopfschmerz sollten immer ernst genommen werden. Migräne wird häufig verwechselt, kommt aber meist langsamer, wellenförmig und ohne Lähmung. Bei Unsicherheit lieber einmal zu viel den Notruf wählen.
 

Was kann ich als Ersthelfer tun, außer den Rettungsdienst zu rufen?

Dr. Albersmeier: Ruhe bewahren ist das Wichtigste. Die betroffene Person sollte bequem gelagert werden, Kopf leicht erhöht. Bitte nichts zu essen oder zu trinken geben – der Schluck Wasser kann im Ernstfall gefährlich werden. Und: Bei Bewusstlosigkeit stabile Seitenlage und Atmung kontrollieren.
 

Wie wird der Schlaganfall im Krankenhaus diagnostiziert und behandelt?

Dr. Albersmeier: Mit einem schnellen CT oder MRT wird geklärt: Infarkt oder Blutung? Beim Infarkt kann man das Gerinnsel mit Medikamenten auflösen oder mit einem Katheter entfernen. Bei einer Blutung geht es meist um Überwachung oder in schweren Fällen um eine OP. Behandelt wird auf einer spezialisierten Schlaganfallstation, der sogenannten Stroke Unit.
 

Wie steht es um die Prognose nach einem Schlaganfall?

Dr. Albersmeier: Je schneller behandelt wird, desto besser. Man sagt nicht umsonst: "Time is brain." Rund ein Drittel der Betroffenen erholt sich gut, ein Drittel hat bleibende Einschränkungen, ein Drittel ist schwer pflegebedürftig oder verstirbt. Deshalb zählt jede Minute.

Was ist für die Rehabilitation wichtig – können sich Patienten vollständig erholen?

Dr. Albersmeier: Viele ja, vor allem bei früher Behandlung und guter Reha. Die beginnt oft schon auf der Station und wird dann in spezialisierten Zentren fortgesetzt. Wichtig sind gezieltes Training, Geduld und ein Team, das gemeinsam mit dem Patienten arbeitet. Und manchmal auch ein bisschen Sturheit.
 

Welche Risikofaktoren gibt es – und was kann man tun, um vorzubeugen?

Dr. Albersmeier: Die Klassiker: Bluthochdruck, Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel, Diabetes, Vorhofflimmern. Die gute Nachricht: Fast alle lassen sich beeinflussen. Wer sich bewegt, gesund isst, auf die Zigaretten verzichtet und den Blutdruck im Griff hat, kann sein Risiko um mehr als die Hälfte senken.

Fazit

Der Schlaganfall ist kein unausweichliches Schicksal. Wer die Warnzeichen kennt, schnell reagiert und auf sich achtet, kann Leben retten – auch das eigene. Und bitte nicht vergessen: Lieber einmal mehr 112 wählen als einmal zu lang warten

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