Trennungsschmerz – geht der Kummer auch wieder vorbei?
Die Trennung von einer geliebten Person kann das Leben schlagartig auf den Kopf stellen. Liebeskummer ist in dieser Situation etwas ganz Normales. Doch was genau passiert dabei eigentlich im Körper und wie kann dieser Schmerz überwunden werden?
Gemeinsam mit den beiden Psychologinnen Anna Eckert und Lisa Irani erklären wir die verschiedenen Phasen der Trennung und geben einige Tipps im Umgang mit dem Trennungsschmerz an die Hand.
Wie äußert sich Trennungsschmerz körperlich und seelisch?
Liebeskummer geht fast immer mit dem Gefühl von tiefer Trauer einher und führt auch zu ähnlichen Reaktionen im Organismus. Teilweise fühlt es sich so an, als hätte man einen geliebten Menschen für immer verloren, weshalb Liebeskummer nicht selten mit der Trauerreaktion auf einen Todesfall verglichen wird. Dabei werden auch dieselben Trauerphasen durchlaufen. Der Organismus befindet sich dabei in einem konstanten Stresszustand und stößt besonders viel Cortisol (Stresshormon) aus. Häufig bleibt das Gefühl von Leere und Traurigkeit zurück, man fühlt sich zerschlagen und ausgebrannt. Auch das „Glückshormon“ Serotonin fällt ab, was wiederum zu Antriebslosigkeit, Ängstlichkeit und Unsicherheit führt. Zunehmend häufen sich somatische Beschwerden wie Schlaflosigkeit, Kreislaufprobleme, Magenbeschwerden, innere Unruhe und Appetitlosigkeit. In selteneren Fällen kann Liebeskummer auch in einer Depression münden, die im schlimmsten Fall suizidale Gedanken hervorrufen kann. Typisch sind jedoch das Gefühl von Traurigkeit, Stimmungsschwankungen, Wut, Angst, Weinkrämpfe und Konzentrationsschwierigkeiten. „Interessanterweise konnte in verschiedensten Studien festgestellt werden, dass Liebeskummer die gleichen Hirnregionen aktiviert wie körperlicher Schmerz. Der empfundene Schmerz und das damit einhergehende Leiden sind demnach auch keine Einbildung“, betonen Eckert und Irani.
Die verschiedenen Phasen der Trennung
Wie lange wird der Trennungsschmerz denn nun andauern? „Leider ist es nicht möglich, diese Frage pauschal zu beantworten, da jedes Individuum unterschiedlich mit Trauer umgeht. Dabei spielen auch die Dauer, Qualität, Ursache und Intensität der zerbrochenen Beziehung eine tragende Rolle. Das plötzliche, einseitige Verlassenwerden geht in der Regel mit dem intensivsten Trennungsschmerz einher. Diese lebensverändernde Entscheidung wurde nicht gemeinsam getroffen und löst demnach bei der betroffenen Person das Gefühl eines massiven Kontrollverlusts aus“, erklären die Expertinnen.
Die Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross hat die fünf Phasen der Trauer beschrieben, die sich auch auf den Trennungsschmerz anwenden lassen:
Phase 1 ‒ Der Schockzustand: Sofern die Trennung des Partners uns besonders überrumpelt hat und unerwartet kam, befinden wir uns in einem psychischen Ausnahmezustand. Wir sind schockiert und wollen das Geschehene nicht wahrhaben. Wir können die Situation und die damit einhergehenden Konsequenzen nicht annehmen, ignorieren diese und kämpfen mit aller Macht dagegen an. Häufig wird die Trennung zu diesem Zeitpunkt verleugnet.
Phase 2 ‒ Die Schuldzuweisung: Es beginnt die Analyse der Beziehung und die Phase des Zweifelns. Das Verhalten wird analysiert und die ersten Schuldzuweisungen werden getroffen. Die einen suchen die Schuld bei sich selbst, die anderen beim Ex-Partner. Es wird ein Schuldiger gesucht, der für den Bruch der Beziehung angeklagt werden kann.
Phase 3 ‒ Verhandlung über die Beziehung: Es folgt ein Wechselbad der Gefühle: Schwankende Zustände zwischen „Ich bin über sie/ihn hinweg“ und „Ich will sie/ihn zurück“. Meist trifft einen die Realität zu diesem Zeitpunkt wie ein Schlag: Der Partner ist nicht länger da. Der Schmerz wird in der dritten Phase als besonders intensiv empfunden und in der Regel von Zukunftsängsten begleitet. Wird man je wieder so einen tollen Partner finden? Die Ex-Partner werden idealisiert und auf ein Podest gehoben. Nicht selten besteht weiterhin der Wunsch oder der Versuch, die Beziehung noch zu retten.
Phase 4 ‒ Das Gefühl von Verzweiflung: Mit der Einsicht schleichen sich auch die ersten somatischen Symptome ein. Sowohl auf physischer als auch psychischer Ebene kommt es häufig zu einer depressiven Symptomatik, die mit Niedergeschlagenheit, Schlafstörungen, sozialer Isolation und Appetitverlust (oder Heißhunger) einhergeht.
Phase 5 ‒ Akzeptanz und Umorientierung: Das Schlimmste wurde überstanden, nun ist es wieder an der Zeit, optimistisch nach vorn zu blicken. Langsam beginnt die Phase der Umorientierung und das Leben wird ohne den Ex-Partner bestritten. Der Trennungsschmerz lässt nach und schafft Platz für neue Partner.
Notfallplan?! Umgang mit Trennungsschmerz
Fast jeder Mensch wird im Laufe seines Lebens einmal Liebeskummer haben. So unterschiedlich wie wir den Schmerz wahrnehmen, so unterschiedlich verarbeiten wir diesen auch. Die beiden Psychologinnen Anna Eckert und Lisa Irani haben einen Notfallplan erstellt, der bei Liebeskummer eine Stütze sein kann:
- Pro- und Kontra-Listen: Nach dem Ende einer Beziehung flammen zunächst einmal alle positiven Erinnerungen auf und die Verflossenen werden idealisiert. Sei ehrlich zu dir selbst und reflektiere deine vergangene Beziehung: Wie sah diese wirklich aus? Wie ging es dir mit deinem Partner? Vermisst du die Person an sich oder schwelgst du in Erinnerungen? Es kann helfen, die Pro- und Kontra-Punkte schriftlich festzuhalten und gegeneinander aufzuwiegen. Fürchte dich nicht vor dem Alleinsein, du hast mit Sicherheit tolle Freunde oder deine Familie, die an deiner Seite steht.
- Kontaktabbruch: Häufig ist man daran gewöhnt, ständig mit dem Ex-Partner in Kontakt zu stehen. Bleibst du mit ihm/ihr vernetzt und siehst tagtäglich, wie er/sie mit der Trennung umgeht oder vielleicht schon neue Partner trifft, sitzt der Schmerz noch tiefer. In der Regel ist ein Kontaktabbruch die beste Option.
- Umgang mit Erinnerungen: Bilder, Gegenstände und Orte, die dich an deinen Ex-Partner erinnern, sollten zunächst vermieden werden. Du kannst diese aber auch in einer Truhe oder einem besonderen Ort aufbewahren, an den du irgendwann noch einmal zurückkehren kannst.
- Gefühlen Raum geben: Jedes Gefühl und jede Emotion, die du durchlebst, hat seine bzw. ihre Daseinsberechtigung. Wut, Trauer, Angst, Freude, Scham – alles ist erlaubt. Es ist wichtig, sich auch den schmerzhaften Emotionen oder Erinnerungen hinzugeben, um zu heilen. Am besten ist es, wenn du dich mit einer anderen Person über deine Gefühle austauschen und die vergangene Beziehung verarbeiten kannst.
- Selbstfürsorge: Die depressiven und vegetativen Symptome können dafür sorgen, dass wir nicht mehr auf uns selbst achten. Insbesondere Schlafmangel und ein verändertes Essverhalten können den Alltag und unser Empfinden beeinträchtigen. Versuche, auf dich und deine Bedürfnisse zu achten!
- Deine Zukunft: Beginne damit, dir ein Leben außerhalb deiner Beziehung aufzubauen. Wie wäre es mit einem neuen Hobby? Gibt es alte Freunde, bei denen du dich lange nicht gemeldet hast? Der Fokus liegt nun wieder ganz auf dir und deinen Bedürfnissen. Widme dich einer (neuen) Sportart und baue dadurch dein Netz aus. Zusätzlich kurbelt die sportliche Betätigung auch die Produktion des „Glücksbotenstoffs“ Dopamin an.
Wenn der Trennungsschmerz nicht endet
Jeder Mensch ist unterschiedlich und das ist auch gut so! Mach dir keinen Druck, wenn dein Liebeskummer länger anhält als bei anderen. Versuche, Kraft aus deinen Ressourcen zu schöpfen, dich mit deiner Familie zu treffen, mit Freunden zu vernetzen oder Aktivitäten aufzunehmen und zu fördern, die dir guttun. In spezifischen Situationen kann es hilfreich sein, das Umfeld zu wechseln, beispielsweise, wenn ihr euch denselben Arbeitsplatz oder Freundeskreis teilt. Dein Körper und deine Psyche werden sich die Zeit nehmen, die sie brauchen. Solltest du merken, dass du mit dem Trennungsschmerz nicht zurechtkommst und die depressiven Symptome sich häufen, kann es hilfreich sein, sich an eine neutrale Person zu wenden.
Professionelle Hilfe? Dauert dein Liebeskummer mehr als 6 Monate an oder wird sogar von suizidalen Gedanken begleitet, solltest du dir Hilfe suchen. Natürlich ist es auch schon vorher möglich und ratsam, sich an einen Psychologen, Psychotherapeuten oder ggf. Psychiater zu wenden, sofern du das Gefühl hast, dass du davon profitieren könntest. Falls du keinen Therapieplatz bekommen solltest, gibt es auch online zahlreiche alternative Selbsthilfeangebote, wo du dich mit anderen austauschen kannst.
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