Eine Person sitzt mit einem Tee auf dem Sofa und hat sich eine Decke über den Kopf gezogen. Aktuelle Ausgabe

Erkältungszeit – so bleibt das Immunsystem stark

Erkältungsviren haben in der nasskalten Jahreszeit Hochsaison. Wie kann man sich wirksam schützen, und was hilft wirklich, wenn es einen doch erwischt hat? Allgemeinmediziner Dr. Jan-Philipp Albersmeier erklärt, wie wir unser Immunsystem stärken und gesund durch die kalte Jahreszeit kommen.

Dr. Albersmeier, wo erwischt man im Alltag am ehesten eine Erkältung?

Dr. Albersmeier: Im Alltag stecken wir uns am häufigsten dort an, wo viele Menschen in geschlossenen Räumen zusammenkommen: in Bus und Bahn, im Büro, in Seminarräumen, auf Konzerten oder Partys. Erkältungsviren werden in erster Linie über die Luft übertragen – durch Tröpfchen beim Sprechen, Niesen oder Husten. Gerade in schlecht belüfteten Innenräumen können sich die Viren lange halten. Aber auch Oberflächen wie Türklinken, Haltegriffe, Computertastaturen oder Smartphone-Displays können eine Rolle spielen, wenn wir sie berühren und uns danach unbewusst ins Gesicht fassen. Besonders hoch ist das Risiko in der kälteren Jahreszeit, wenn viele Menschen drinnen auf engem Raum zusammen sind und weniger gelüftet wird.

Arzt Dr. Jan-Philipp Albersmeier lächelt in Kamera.
Dr. Jan-Philipp Albersmeier

Wie genau läuft eine Ansteckung ab – und was hilft wirklich zur Vorbeugung?

Dr. Albersmeier: 
Erkältungsviren nutzen vor allem zwei Wege, um in unseren Körper zu gelangen: Tröpfcheninfektion – also direkt über die Luft – und Schmierinfektion über kontaminierte Hände. Wir fassen uns täglich unzählige Male unbewusst ins Gesicht. Wenn sich auf unseren Händen Viren befinden, gelangen sie leicht über Augen, Nase oder Mund in den Körper. Dagegen helfen einfache, aber wirkungsvolle Maßnahmen: regelmäßiges und gründliches Händewaschen, das Vermeiden von Gesichtskontakt mit ungewaschenen Händen, gutes Lüften und Abstandhalten zu offensichtlich erkälteten Personen. Gerade in der Grippesaison lohnt es sich, etwas achtsamer zu sein. Wer häufig mit vielen Menschen zu tun hat – z. B. im öffentlichen Nahverkehr oder bei Veranstaltungen – kann auch über das Tragen einer Maske in Innenräumen nachdenken, vor allem bei engem Körperkontakt.

Kann man sich wirklich „verkühlen“ – also durch Kälte krank werden?

Dr. Albersmeier: Das Gefühl, sich „verkühlt“ zu haben, ist weit verbreitet – aber medizinisch gesehen ist Kälte allein keine Ursache für eine Erkältung. Es braucht immer den Kontakt mit einem Virus. Allerdings kann Kälte die Funktion der Schleimhäute in Nase, Rachen und Bronchien beeinträchtigen, ihre Durchblutung vermindern und dadurch die lokale Immunabwehr schwächen. Wer mit nasser Kleidung, kalten Füßen oder in zugiger Umgebung unterwegs ist, schafft also tatsächlich Bedingungen, unter denen sich Viren leichter im Körper ausbreiten können. Warmhalten und wettergerechte Kleidung sind deshalb kein Schutz vor Viren, aber sie unterstützen unser Immunsystem dabei, sich besser zu wehren.

Was sollte man tun, wenn’s einen doch erwischt hat? Und wann wird es Zeit für einen Arztbesuch?

Dr. Albersmeier: Wenn sich eine Erkältung ankündigt, ist das Wichtigste: dem Körper Ruhe gönnen. Viel trinken – am besten Wasser und warme Tees – sowie ausreichend Schlaf und körperliche Schonung unterstützen das Immunsystem optimal. Hausmittel wie Inhalationen, Nasenspülungen oder warme Wickel können die Symptome lindern. Bei Fieber, Kopf- oder Gliederschmerzen können auch leichte Schmerzmittel helfen. Antibiotika sind hier fehl am Platz, denn sie wirken nur gegen Bakterien, nicht gegen Viren. Ein Arztbesuch ist ratsam, wenn das Fieber über mehrere Tage anhält, Atemnot, starker Husten oder anhaltende Halsschmerzen dazukommen – oder wenn sich die Symptome trotz Schonung verschlechtern. Auch Menschen mit chronischen Erkrankungen oder einem geschwächten Immunsystem sollten lieber frühzeitig ärztlichen Rat einholen.

Soll man Fieber grundsätzlich senken oder den Körper „arbeiten lassen“?

Dr. Albersmeier: Fieber ist eine natürliche Abwehrreaktion des Körpers und signalisiert, dass das Immunsystem aktiv gegen Erreger kämpft. Bei moderatem Fieber – also unter etwa 39 °C – ist es oft sinnvoll, es erst einmal wirken zu lassen, solange man sich insgesamt stabil fühlt. Fiebersenkende Medikamente sind keine Pflicht und können sogar den Krankheitsverlauf verlängern, wenn sie zu früh eingesetzt werden. Bei hohem Fieber, schlechtem Allgemeinzustand oder bekannten Vorerkrankungen kann es aber sinnvoll sein, zu fiebersenkenden Mitteln zu greifen oder Hausmittel wie Wadenwickel zu nutzen. Wichtig ist: Viel trinken, um den Flüssigkeitsverlust durch das Schwitzen auszugleichen.
 

Wie kann man das Immunsystem dauerhaft stärken – gerade in der Erkältungssaison?

Dr. Albersmeier: Ein starkes Immunsystem braucht gute Rahmenbedingungen – keine Wundermittel. Die wirksamsten Schutzfaktoren sind ein gesunder Lebensstil und stabile Routinen: ausreichend und erholsamer Schlaf, regelmäßige Bewegung an der frischen Luft, eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukten und gesunden Fetten. Alkohol und Nikotin möglichst vermeiden oder reduzieren. Auch der gezielte Umgang mit Stress spielt eine große Rolle – chronischer Stress schwächt nachweislich die Immunabwehr. Kurze Pausen im Alltag, soziale Kontakte, mentale Auszeiten und Achtsamkeit helfen, Körper und Geist in Balance zu halten. Gerade in der kalten Jahreszeit lohnt es sich, die Basics konsequent zu pflegen – sie sind die beste Immunversicherung.
 

Viele greifen zu Vitamin C, Zink oder Vitamin D. Bringt das wirklich was?

Dr. Albersmeier: Wer sich ausgewogen ernährt, braucht in der Regel keine Nahrungsergänzungsmittel. Eine Ausnahme ist Vitamin D: Etwa 87 % der Menschen in Deutschland haben im Winter einen Mangel. Deshalb ist es gerade in der dunklen Jahreszeit sinnvoll sein, gezielt zu supplementieren. Wichtig ist dabei, den eigenen Vitamin-D-Spiegel vorab bestimmen zu lassen – denn der individuelle Bedarf variiert stark. Während bei einigen bereits 800 I.E. täglich ausreichen, benötigen andere 4.000 bis 6.000 I.E., um auf einen stabilen und gesunden Wert zu kommen.

Zink kann die Dauer einer Erkältung deutlich verkürzen – vorausgesetzt, man beginnt direkt bei den ersten Symptomen und nimmt eine ausreichend hohe Dosis von 60–80 mg pro Tag ein. Eine niedrigere Dosierung zeigt keinen Effekt. Wichtig: Die Tagesmenge sollte auf mehrere Einzeldosen verteilt werden, um Nebenwirkungen wie Übelkeit oder Erbrechen zu vermeiden. Außerdem gilt: Zink nie auf nüchternen Magen einnehmen. Eine vorbeugende, dauerhafte Einnahme schützt hingegen nicht vor Infekten.

Bei Vitamin C zeigt sich in der Forschung ein klares Bild: Ein gesundheitlicher Nutzen besteht nur bei tatsächlichem Mangel – und der kommt in Deutschland sehr selten vor. Umfangreiche Studien mit zehntausenden Teilnehmenden über viele Jahre hinweg belegen übereinstimmend, dass die regelmäßige Einnahme von Vitamin C keinen messbaren Einfluss auf Häufigkeit, Verlauf oder Dauer von Erkältungen und Atemwegsinfekten hat. Eine Ausnahme bilden spezielle Belastungssituationen: Menschen unter extremer körperlicher Beanspruchung – etwa Marathonläufer oder Soldaten bei Wintereinsätzen – hatten in Studien tatsächlich etwas seltener Erkältungen, wenn sie Vitamin C vorbeugend eingenommen haben. Für den Otto Normalverbraucher gilt aber: lieber zur Orange greifen als zur Pille. Besser: Frisches Obst, Gemüse, Nüsse und pflanzliche Öle – da steckt das drin, was unser Körper braucht.

Wie wirken sich Stress und psychische Belastung auf das Immunsystem aus?

Dr. Albersmeier: Stress beeinflusst unser Immunsystem deutlich – vor allem, wenn er chronisch ist. Dauerhafter Druck, ständiges Multitasking oder zu wenig Erholung lassen das Stresshormon Cortisol dauerhaft ansteigen. Und das dämpft die Aktivität wichtiger Immunzellen. Wer dauerhaft gestresst ist, schlecht schläft oder keine Pausen einlegt, wird nachweislich anfälliger für Infekte. Umgekehrt stärkt ein stabiler Alltag mit regelmäßigem Schlaf, Bewegung, mentalen Auszeiten und sozialen Kontakten die körpereigene Abwehr. Auch Achtsamkeit, Atemtechniken, Yoga oder Meditation können helfen, das Immunsystem langfristig zu stabilisieren. Kurz gesagt: Psychische Gesundheit ist ein echter Immun-Booster.

Wie sinnvoll sind Grippeschutz- und Corona-Impfungen – auch für junge Erwachsene?

Dr. Albersmeier: Beide Impfungen sind auch für junge, gesunde Menschen sinnvoll – besonders dann, wenn man viel Kontakt zu anderen hat, etwa im Job, in Bus und Bahn oder beim Ausgehen. Die Grippe- und COVID-19-Impfung reduzieren das Risiko schwerer Krankheitsverläufe deutlich und helfen, andere nicht anzustecken. Die STIKO empfiehlt sie vor allem für Risikogruppen – also Menschen mit chronischen Erkrankungen, Schwangere oder medizinisches Personal. Aber auch gesunde Erwachsene profitieren: weniger Krankheitsausfälle, mildere Verläufe, mehr Schutz für ältere oder immungeschwächte Menschen im Umfeld. Impfungen sind also ein wirksamer Selbstschutz – und ein solidarischer Beitrag zur Gesundheit der Gesellschaft.

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