Kältetraining – wie gesund sind Eisbaden und Co.?
Eisbaden, Winterschwimmen, kalt duschen – Kältetraining liegt im Trend und verspricht viele Vorteile wie ein gestärktes Immunsystem oder eine bessere Fettverbrennung. Während viele von uns allein bei dem Gedanken an Kälte eine Gänsehaut bekommen, können es andere kaum erwarten, sich in die kalten Fluten zu stürzen. Wie gesund ist Kälte wirklich? Und was sollte man beachten, bevor man sich ins kühle Nass wagt? Wir zeigen es Ihnen.
Eines vorweg: Für unsere Vorfahren waren Kälte und extreme Temperaturunterschiede völlig normal. Immerhin gab es keine Erfindungen der Neuzeit wie Heizungen, warmes Wasser und Co. Der menschliche Körper reagierte entsprechend schnell auf kühle Temperaturen, produzierte selbstständig Wärme und kurbelte seinen Stoffwechsel an. Heutzutage bewahren wir unsere Körper vor dieser Herausforderung. Die Folge: Bei starken Wetterumschwüngen, insbesondere aber in den kalten Wintermonaten, werden viele Menschen sehr schnell müde, bekommen Kopfschmerzen, Kreislaufprobleme oder eine Erkältung.1 Kann Kältetraining dem Körper also wieder zu der Kälteresistenz verhelfen, die er von Natur aus haben sollte?
Das passiert bei Kälte mit dem Körper
Sinkt die Temperatur auf der Haut, wird das sympathische Nervensystem aktiviert, das die Alarmbereitschaft unseres Körpers in Gang setzt. Die Blutgefäße ziehen sich schlagartig zusammen. Das Blut von Armen und Beinen wird ins Körperinnere geleitet, um die Organe vor der Kälte zu schützen und die Kerntemperatur von 36 bis 37 Grad aufrechtzuerhalten. Der Körper beginnt zu zittern, um Wärme zu produzieren. Zudem werden einerseits vermehrt die Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Kortisol ausgeschüttet sowie andererseits die Glücksbotenstoffe Endorphine, Dopamin und Serotonin. Beim Aufwärmen weiten sich die geschlossenen Gefäße wieder, der Körper wird regelrecht von Blut durchströmt.2
Kurze Kältereize haben gesunde Effekte
Richtig dosiert und regelmäßig angewendet kann Kältetraining positive Effekte auf die Gesundheit haben:3
- Gefäße werden trainiert: Die verstärkte Durchblutung hat einen stabilisierenden Effekt auf den Blutdruck und das Herz-Kreislauf-System.
- Immunsystem: Die Kälte stimuliert die Bildung weißer Blutkörperchen, die für die Abwehr von Viren, Bakterien und Pilzen zuständig sind. Diese können durch die bessere Durchblutung der Schleimhäute außerdem schlechter durch Nase und Rachen eindringen.
- Fettverbrennung: Bei tieferen Temperaturen verbraucht unser Körper mehr Energie und aktiviert die braunen Fettzellen im Körper, die im Vergleich zu weißen Fettzellen schneller verbrannt werden.
- Entzündungen und Schmerzen: Eine positive Wirkung von Kälte auf Entzündungsvorgänge kann zu einer Abnahme von rheumatischen Schmerzen und Entzündungen führen.
- Stimmungsbooster: Das freigesetzte Adrenalin und Endorphin sorgen für ein euphorisches Gefühl. Dieser Effekt kann sich langfristig positiv auf die psychische Gesundheit auswirken.
Ist Kältetraining für jeden geeignet?
Also einfach Badesachen an und ab in den eiskalten See? Nein, der Körper muss sich Schritt für Schritt an die extreme Kälte gewöhnen. Zudem schadet zu viel Kälte unserem Körper mehr, als dass sie ihm nützt. Wer dauerhaft friert, wird krank. Bestenfalls lassen Sie sich medizinisch durchchecken. Menschen mit Vorerkrankungen wie Herz- oder Gefäßproblemen sollten unbedingt verzichten, da der Kältereiz bei Durchblutungsstörungen eine lebensgefährliche Gefäßverengung auslösen oder zu Herzrhythmusstörungen oder Herzinfarkt führen könnte. Ebenso sollten Sie bei akuten Infekten oder in der Schwangerschaft vom Kältetraining absehen.4
So gelingt gesundes Kältetraining
- Atmung trainieren: Die richtige Atmung ist das A und O beim Kältetraining. Vorab sollten Sie deshalb Atemübungen praktizieren. Ziel ist es, die Atmung im kalten Wasser kontrollieren zu können.
- Mit kalten Duschen herantasten: Duschen Sie zunächst wie gewohnt und drehen Sie die Temperatur langsam herunter. Anfänglich reicht das kalte Abbrausen von Armen und Beinen, später folgt der ganze Körper. Sie haben sich an dieses Vorgehen gewöhnt? Beim nächsten Mal können Sie die Dusche direkt kalt anstellen und die Temperatur bei jedem weiteren Mal etwas mehr senken. Achten Sie bei jedem Kältereiz auf Ihre Atmung.
- Langsamer Einstieg: Sie fühlen sich mit kalten Duschen gut vorbereitet und wollen nun eisbaden? Bleiben Sie die ersten Male nur wenige Sekunden im Wasser. Steigern Sie die Zeit langsam von Mal zu Mal. Zudem sollten Sie nicht öfter als zweimal pro Woche ins Wasser gehen, damit sich der Körper zwischenzeitlich regenerieren kann.
- Zweier-Regel: Falls doch mal etwas passieren sollte, sollten Sie immer eine Begleitung dabeihaben – auch wenn diese nur am Ufer steht.
- Kopf über Wasser: Gehen Sie ganz langsam und Schritt für Schritt ins kalte Wasser. Tauchen Sie nicht mit dem Kopf unter, sondern halten Sie diesen trocken und warm (z. B. mit einer Mütze oder Badekappe). Über den Kopf geht die meiste Wärme verloren.
- Begrenzt: Ein Kältebad sollte nicht länger als zwei Minuten dauern und dies auch nur nach sorgfältigem und regelmäßigem Training.
- Aufwärmen: Machen Sie vor dem Eisbaden einen strammen Spaziergang, drehen Sie eine kleine Joggingrunde oder machen Sie Aufwärmübungen. Nach dem Baden sollten Sie sich warm anziehen, nach drinnen gehen und etwas Heißes trinken.
Sie sind eher Typ Frostbeule?
Ähnliche Effekte wie beim Kältetraining lassen sich auch durch Sauna oder Sportarten wie Joggen erzielen. Werfen Sie doch auch mal einen Blick auf unsere Gesundheitskurse zum Thema Bewegung.
Quellen:
1&2 Susanne Søberg (2019). Winterschwimmen. Piper Verlag GmbH.
3&4 Interview mit Mediziner: Das macht Eisbaden so gesund | MDR.DE