
Endometriose: eine chronische Erkrankung mit vielen Gesichtern
Endometriose ist eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen – und doch bleibt sie oft lange unentdeckt. Schätzungen zufolge sind zwischen fünf und 15 Prozent aller Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter betroffen.
Die Diagnose erfolgt nicht selten erst nach Jahren. Dies hat unterschiedliche Gründe: Zum Beispiel erscheinen die Symptome oft diffus, zum anderen werden sie nicht genügend ernst genommen. Dabei kann die Krankheit erhebliche Auswirkungen auf die körperliche, emotionale und soziale Gesundheit haben.
Bei Endometriose siedelt sich gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutter an, beispielsweise an den Eierstöcken, am Darm oder am Bauchfell. Dieses Gewebe reagiert auf den monatlichen Zyklus: Es blutet mit, kann sich entzünden und zu Schmerzen oder Verwachsungen führen. Die Ausprägung kann sehr unterschiedlich ausfallen. Viele Betroffene leiden unter extremen Schmerzen und anderen Symptomen – oft jeden Monat aufs Neue.
Entstehung der Erkrankung
Wie genau Endometriose entsteht, ist immer noch nicht abschließend geklärt. Es gibt mehrere Theorien: Die sogenannte „retrograde Menstruation“ zum Beispiel geht davon aus, dass während der Regelblutung Gebärmutterschleimhaut über die Eileiter in den Bauchraum gelangt. Andere Ansätze sehen hormonelle, genetische oder entzündliche Prozesse im Vordergrund. Momentan erscheint ein Zusammenspiel vieler Faktoren am wahrscheinlichsten. Auch Umweltgifte wie BPA oder bestimmte Weichmacher stehen in Verdacht, eine Rolle zu spielen. Die Studienlage hierzu ist jedoch nicht eindeutig.
Typische Symptome
Hierzu zählen starke Regelschmerzen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, chronische Unterleibsbeschwerden sowie Schmerzen beim Wasserlassen und Stuhlgang. Auch Rücken- und Kopfschmerzen, Übelkeit, ständige Erschöpfung oder Verdauungsstörungen können mit Endometriose in Verbindung stehen. Bei manchen Betroffenen sind die Beschwerden zyklisch, bei anderen bereits nicht mehr rein zyklusabhängig. Die Erkrankung wird deshalb auch als „Chamäleon der Gynäkologie“ bezeichnet – da sie sich sehr unterschiedlich zeigen kann.
Ein wichtiges Thema für Betroffene ist auch die Fruchtbarkeit. Endometriose kann die Eileiter verkleben oder das umliegende Gewebe verändern, was die Chancen auf eine Schwangerschaft beeinträchtigen kann. Das bedeutet jedoch nicht, dass ein Kinderwunsch grundsätzlich unerfüllbar ist – aber es benötigt in einigen Fällen eine gezielte medizinische Begleitung und eventuell Unterstützung.
Diagnostik - Neues aus der aktualisierten Leitlinie
Bei Verdacht auf Endometriose erfolgt zunächst ein ausführliches Gespräch, das durch eine gynäkologische Untersuchung und – neu – bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder MRT ergänzt wird. Eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) kann abschließende Gewissheit bringen – dabei lassen sich Herde erkennen, entfernen und das Gewebe kann untersucht werden.
Therapiemöglichkeiten
Eine Heilung von Endometriose ist bisher nicht möglich, aber die Beschwerden lassen sich oft deutlich lindern. Je nach individueller Situation kommen häufig hormonelle Therapien zum Einsatz, die den Zyklus unterdrücken, um das Fortschreiten der Endometriose zu bremsen. Ergänzend sollten integrative Ansätze wie Akupunktur, Ernährungsberatung, Bewegung oder Entspannungstechniken angeboten und mit der Patientin abgestimmt werden. Bei starkem Leidensdruck oder unerfülltem Kinderwunsch kann eine Operation sinnvoll sein. Wichtig ist: Die Behandlung sollte immer ganzheitlich und individuell abgestimmt erfolgen.
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Zukunft und Forschungsfragen
Nach wie vor gibt es viele offene Fragen in der Endometrioseforschung – insbesondere zur genauen Entstehung der Erkrankung, zur frühzeitigen und verlässlichen Diagnostik sowie zu nachhaltigen Therapieansätzen. Aktuelle Forschungsfragen sind beispielsweise, welchen Einfluss die Darmflora auf Entzündungsprozesse hat oder welche individuellen Therapiepläne langfristig zu einer besseren Lebensqualität führen können. Auch die Zusammenhänge mit Begleiterkrankungen wie Migräne oder Reizdarm rücken zunehmend in den Fokus. In Deutschland stehen mittlerweile mehr Mittel für die Endometrioseforschung zur Verfügung. Nach jahrzehntelanger Vernachlässigung – es wurden weniger als 0,5 Mio. € in 20 Jahren investiert – sollen nun jährlich 5 Mio. € in die Endometrioseforschung fließen.
Fazit
Endometriose ist kein Tabuthema. Und Schmerzen sollten nie einfach als normal abgetan werden. Je früher eine Diagnose gestellt wird, desto besser können Langzeitfolgen oder Komplikationen verhindert werden. Bei starken Menstruationsbeschwerden oder anderen typischen oder auch unklaren Symptomen ist es wichtig, aktiv zu werden. Gynäkologinnen und Gynäkologen, zertifizierte Endometriose-Zentren oder Beratungsstellen können helfen. Auch Selbsthilfegruppen können wertvolle Unterstützung und Austausch bieten.