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Work & Life 02/2021
Eine Frau mit roten langen Haaren und einer Brille schreit mit weitgeöffnetem Mund

So ziehen Sie positive Energie aus Ihrer Wut

Türen knallen, rumbrüllen, Sticheleien, passiv-aggressive Reaktionen, anschweigen, resignieren – Wut hat viele Gesichter.

Klar, in dem Moment, in dem der Bus an unserer Haltestelle einfach vorbeifährt oder das Verhalten unseres Gegenübers uns auf die Palme bringt – reagieren wir erst mal so, wie wir es seit Jahren auf unsere ganz eigene Weise tun. Wie das aussieht, ist dabei weniger Typsache als vielmehr erlernt. Das muss uns nicht immer guttun, ist aber der vertraute Weg, den wir in diesem Moment am schnellsten abrufen. Doch wussten Sie, dass man aus Wut auch ganz viel positive Energie schöpfen kann? Wie das geht, beschreibt Friederike von Aderkas in ihrem Buch „Wutkraft“. Wir durften ihr zu dieser noch neuen Sicht auf das Gefühl der Wut einige Fragen stellen und haben spannende Antworten bekommen!

Sieben Fragen an: Friederike von Aderkas, Wutexpertin

Foto_Friederike_von_Aderkas
Friederike von Aderkas ist Diplompädagogin und systemische Coachin. Die begeisterte Gefühle-forscherin nutzt in ihren Wut-Coachings und -Seminaren die Methoden der Gewaltfreien Kom-munikation, der Traumaarbeit und des Possibility-Managements. Sie selbst hat nach einem plötzlichen Schicksalsschlag angefangen, sich mit ihrer eigenen unterdrückten Wut auseinan-derzusetzen und ihr Leben neu auszurichten. In ihren Seminaren unterstützt sie Menschen dabei, neue Energie zu gewinnen, eigene Grenzen zu spüren und Veränderungen zu wagen.
© Inga Pfafferott und Charlotte Meyer

Mobil Krankenkasse: „Das ist ein richtiger Wüterich!“, „Vorsicht, die Kollegin geht schnell an die Decke!“, „Verdammter Mist, jetzt bin ich sauer.“ Wut wird in der Außendarstellung meist ausschließlich negativ gesehen – brechen Sie bitte eine Lanze für das vermutlich am meisten unterschätzte Gefühl: Warum ist Wut richtig und wichtig?

Friederike von Aderkas: Wut ist ein Gefühl, das, wie andere Gefühle auch, eine Botschaft für uns hat. Die Botschaft der Wut lautet: „Das stimmt für mich nicht.“ Beobachte ich also eine Situation, die ich mit dieser Interpretation bewerte, dient mir meine Wut dazu, mich zu positionieren, meine Meinung zu äußern, Stellung zu beziehen oder Grenzen zu setzen. Sie dient mir somit dazu, dass ich mich oder andere schütze, Verantwortung übernehme oder für Klarheit sorge.

Mobil Krankenkasse: Warum ist es so problematisch, wenn wir unsere Wut immer wieder unterdrücken und nicht rauslassen?

Friederike von Aderkas: Das Problematische daran ist, dass wir die unterdrückte Wut ansammeln und die gestaute Wut sich dann auf ihre Art ihren Ausdruck sucht. Das kann durch körperliche Beschwerden oder auch psychische Erkrankungen sein. Vielleicht fühlst du dich auch dauerhaft energie- und antriebslos. Oder die angestaute Wut entlädt sich unkontrolliert körperlich oder verbal in Situationen, in denen diese Intensität nicht angemessen ist, und führt so zu Zerstörung oder Verletzung.

Mobil Krankenkasse: Jeder von uns hat seine eigene Wutgeschichte – eine Mischung aus Erfahrungen, die sich seit unserer Kindheit gefestigt haben, und dem, was wir vorgelebt bekommen haben. Hat jemand, der so lange Zeit seinen „Wutweg“ gepflegt hat, überhaupt eine Chance, als Erwachsener einen besseren und gesünderen Umgang mit diesem Gefühl zu erlernen?

Friederike von Aderkas: Ja, auf jeden Fall. Es braucht lediglich Interesse und die Entscheidung, sich dieser Thematik zuzuwenden – und auch Geduld. Die Wut zu fühlen und für sich und in Alltagsbeziehungen zu nutzen, ist wie eine neue Sprache zu lernen. Dafür braucht es Zeit. Die Auseinandersetzung mit den eigenen Bedürfnissen und Wünschen sowie das Wissen um die eigenen Grenzen spielen dabei eine bedeutende Rolle. Wer seine Wut lange Zeit unterdrückt hat, dem fällt es meist schwer, all dem auf die Spur zu kommen. Und auch wenn ich wahrnehme, was ich brauche, heißt das noch lange nicht, dass ich auch den Mut habe, mich dafür einzusetzen und meine Bedürfnisse auszusprechen.

Mobil Krankenkasse: Manchmal tragen wir unsere Wut über etwas mit uns herum, das mit ein, zwei ehrlichen Sätzen geklärt wäre. Zum Beispiel wenn es um das Ziel für die nächste Urlaubsreise mit dem Partner geht oder darum, was man am Wochenende gemeinsam mit Freunden unternimmt. Anstatt die eigenen Wünsche klar zu kommunizieren, bemühen wir uns, es dem anderen recht zu machen, um die Harmonie zu erhalten. Was kann hier helfen, damit wir uns endlich trauen, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse dem Gegenüber direkt mitzuteilen?

Friederike von Aderkas: Der erste Schritt ist das Wahrnehmen der eigenen Wünsche und Bedürfnisse – für „Langzeitunterdrücker“ schon eine ziemliche Herausforderung. Und dann gilt es zu üben, diese immer wieder auszusprechen. Denn nur wenn mein Gegenüber um meine Wünsche oder Sichtweisen weiß, ist es möglich, dass diese bei Entscheidungen berücksichtigt werden. Solange ich davon ausgehe, mein Partner oder meine Freundin wird schon wissen, was ich will, sind Missverständnisse und Enttäuschungen vorprogrammiert.

Buchcover_Wutkraft
© BELTZ

Mobil Krankenkasse: Etwas, das gerade Menschen erleben, die den Mental Load einer Familie oder bei der Arbeit tragen, ist das „unterdrückte Nein“. Auch das ist ein Mechanismus, bei dem Wut entstehen kann, weil man immer wieder noch eine Aufgabe annimmt und noch eine, anstatt für sich einzustehen und eine Grenze zu ziehen. Warum fällt es manchen so schwer, „nein“ zu sagen?

Friederike von Aderkas: Das „Nein“ ist insofern bedrohlich, als dass das Gegenüber es als Ablehnung empfinden und sich daraufhin von mir abwenden könnte. Die Angst vor Bindungsverlust, Liebesentzug, Job-Kündigung und Ablehnung ist in vielen Menschen so tief verankert, dass sie eher über ihre eigenen Bedürfnisse oder Grenzen hinweggehen, als das Gegenüber vor den Kopf zu stoßen. Diese Menschen sagen vermehrt ja, wobei es innerlich ein klares Nein gibt. Die Angst, sich unbeliebt zu machen, ist größer als der innere Druck, für sich einzustehen.

Mobil Krankenkasse: Manchmal ist es nicht unsere eigene Wut, die uns beschäftigt, sondern die einer anderen Person, die an uns „ausgelassen“ wird. Sei es durch haltloses Anschreien, Anschweigen oder passiv-aggressive Spitzen, die das Gegenüber verteilt. Wie verhalte ich mich in so einer Situation am besten, ohne selbst zu viel Energie zu verlieren und am Ende womöglich selbst wütend zu werden?

Friederike von Aderkas: Meine erste Empfehlung bei haltlosem Anschreien ist möglichst direkt auf physische Augenhöhe mit dem Gegenüber zu gehen, sprich, wenn ich sitze und mein Gegenüber steht, aufzustehen. Und dann wahrzunehmen, wie viel Distanz ich brauche, und diese herzustellen, um mich sicher zu fühlen. Blickkontakt, der signalisiert, „ich bin da und präsent und ich behalte dich im Auge“, kann ebenfalls unterstützend sein. Für die leiseren, versteckteren Wutausdrucksformen gilt, dass ich meine Grenzen kommuniziere, z. B. sage, dass ich nicht weiter für diese Form von Gespräch zur Verfügung stehe, und anschließend entsprechend handele. Oder auch den Raum verlasse, wenn mein Gegenüber mein Stopp nicht respektiert und weiter tobt oder stichelt. Wenn es mein Raum ist, besteht auch die Möglichkeit, mein Gegenüber rauszuschicken. Eine weitere Möglichkeit, mit fiesen Kommentaren oder spitzen Bemerkungen umzugehen, ist, diese direkt anzusprechen und zu benennen, was diese Worte in mir auslösen. Zum Beispiel dass sie mich verunsichern, wütend, traurig machen oder mir Angst einflößen. Die Königsdisziplin: Lade dein Gegenüber ein, mehr dazu zu sagen, was es wütend macht, um direktere Informationen zu bekommen.

Mobil Krankenkasse: Sie sagen in Ihrem neuen Buch, dass Wut ein Geschenk ist – würden Sie uns das näher erklären?

Friederike von Aderkas: In meinem Buch schreibe ich: „Wer ja sagt zur Wut, sagt ja zum Leben.“ Das macht für mich schon einen Großteil des Geschenkes aus. Denn durch den Zugang zur Wutenergie bin ich in der Lage, mein Leben aktiv mitzugestalten, so wie ich es mir vorstelle und ersehne, indem ich um meine Bedürfnisse weiß und für diese einstehe. Wut ist die Energie, die mich handlungsfähig macht, und so kann ich sie in ihrer lichten Qualität als Motor nutzen, um für Veränderungen einzustehen. Damit werde ich zum Gestalter oder zur Gestalterin meiner Wirklichkeit und bleibe weniger Opfer der äußeren Umstände.

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