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Ausgabe 04/2021
Gesundheit 04/2021
Diabetes

Volkskrankheit Diabetes: Jetzt aktiv werden

Mehr Gewicht, weniger Bewegung – unter Corona hat sich der Lebensstil vieler Menschen deutlich verschlechtert. Mediziner fürchten jetzt schon einen starken Zuwachs an Diabetespatienten in den nächsten Jahren, denn Übergewicht ist einer der Treiber für Typ-2-Diabetes. Grund genug, die Stoffwechselkrankheit einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Im Interview erläutert Dr. Nikolaus Schmidt-Sibeth von der TeleClinic, wie sich Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes voneinander unterscheiden, wann ein Arztbesuch ratsam ist und was wir aktiv tun können, um nicht an Typ-2-Diabetes zu erkranken.

Dr. Nikolaus Schmidt-Sibeth
Dr. Nikolaus Schmidt-Sibeth, Medizinischer Leiter bei TeleClinic
© TeleClinic

Mobil Krankenkasse: Wie unterscheiden sich Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes?

Dr. Schmidt-Sibeth: Ganz einfach gesagt ist es so, dass der Typ-1-Diabetiker kein eigenes Insulin mehr bilden kann. Zucker kann also nicht mehr in die Zellen aufgenommen werden, denn dafür ist Insulin notwendig. Der Typ-2-Diabetiker hat in der Regel eigenes Insulin, bekommt aber wegen einer vorliegenden Insulinresistenz seinen „Zucker“ nicht in die Zelle (bei der Mehrzahl der Typ-2-Diabetes-Erkrankungen ist das der Mechanismus). Die beiden Diabetikertypen unterscheiden sich in der Regel auch im Alter, im Körpertyp und in der Zeitdauer der Erkrankung. Typ-1-Diabetiker sind eher jung, schlank und die Erkrankung schreitet rasch voran. Der Typ-2-Diabetiker ist eher älter und von höherem Körpergewicht, die Erkrankung entwickelt sich langsamer und bleibt leider oft erst einmal unbemerkt. Aber auch junge, stark übergewichtige Patienten erkranken mittlerweile vermehrt an Typ 2. Natürlich gibt es bei diesen Klassifikationen und Ursachen noch weitere Besonderheiten.

 

Mobil Krankenkasse: Unterscheiden sich auch die Symptome?

Dr. Schmidt-Sibeth: Die Erstmanifestation bei einem Typ-1-Diabetiker ist erst diffus (s.u.) und kann mitunter einen fulminanten Verlauf mit einer gefährlichen Bewusstseinsstörung nehmen, bis die Diagnose gestellt wird. Hier spricht man dann vom ketoazidotischen Koma. Beim Typ-2-Diabetes entwickelt sich die Symptomatik eher langsamer und fällt meistens bei einer Routineuntersuchung beim Hausarzt auf. Die Patienten kommen mit Symptomen wie eher unspezifischer Müdigkeit, Abgeschlagenheit, nächtlichen Wadenkrämpfen, einer erhöhten Trinkmenge, Gewichtsverlust, vermehrtem Wasserlassen oder mit immer wiederkehrenden Harnwegsinfekten zum Arzt.

 

Mobil Krankenkasse: Wann sollte ich einen Arzt aufsuchen?

Dr. Schmidt-Sibeth: Unklarer Gewichtsverlust, erhöhte Trinkmenge und Durstgefühl, häufiges Wasserlassen mit großen Mengen, häufiger Pilzbefall im Genitalbereich, Sehstörungen, Muskelzittern oder Krämpfe, körperliche Schwäche oder gar ein anhaltender „Acetongeruch“ aus der Mundhöhle: Das alles sollte Sie sofort zur Kontaktaufnahme mit einem Arzt veranlassen. Oder noch einfacher: immer dann einen Arzt konsultieren, wenn Sie etwas an sich oder anderen Personen bemerken, was außerhalb des Gewohnten oder der Normalität ist und was Ihnen Sorgen macht. Das zu klären und zu beleuchten, dafür sind wir Ärzte da.

 

Mobil Krankenkasse: Was kann ich präventiv tun, um nicht zu erkranken?

Dr. Schmidt-Sibeth: Der Typ-2-Diabetes ist in erster Linie eine Wohlstandserkrankung. Hier kann jeder etwas dagegen tun, indem er sich möglichst moderat und gesund, z.B. mit mediterraner Kost, ernährt, täglich bewegt, regelmäßig Ausdauersport betreibt und sein Gewicht im Zaum hält. Übergewicht ist einer der Treiber für das metabolische Syndrom, aus dem sich dann sehr oft auch ein Typ-2-Diabetes entwickelt. Meiden Sie Fertigessen, Saftschorlen und vor allen Dingen Softdrinks. Hier sind enorme Mengen von Zucker enthalten, die sich hinter beigefügten Säuren verstecken. Probieren Sie es einmal aus: Die in einem Softdrink enthaltenen Zuckermengen pur in Wasser gelöst wollen Sie in der Regel nicht freiwillig trinken. Mit Zitrone dazu wird das schon deutlich leichter. Keinen anderen Trick nutzt die Getränkeindustrie. Ein Unding, wenn Sie mich fragen. Bleiben Sie beim Wasser aus der Leitung. Das ist immer verfügbar und in Deutschland das bestüberwachte Lebensmittel überhaupt. Gegen den Typ-1-Diabetes können Sie tatsächlich in Sachen Prävention wenig unternehmen. Da es sich meist um eine Autoimmunkrankheit (in 20 Prozent der Fälle mit ererbtem Risiko) handelt, die bestimmte Zellen in der Bauchspeicheldrüse betrifft, gibt es hier in der Prävention tatsächlich kaum Möglichkeiten.

 

Mobil Krankenkasse: Ist Diabetes heilbar?

Dr. Schmidt-Sibeth: Typ-2-Diabetes ja, wenn er nicht schon sehr lange Bestand hat und sich die Bauchspeicheldrüse noch nicht völlig „erschöpft“ hat. Hierzu ist es wichtig, dass gerade noch relativ junge Typ-2-Diabetiker ihr Gewicht konsequent normalisieren und regelmäßige körperliche Aktivität zeigen. Wenn sie das schaffen, können Medikamente unter Umständen auch wieder abgesetzt werden. Typ-1-Diabetes nein – bzw. im Prinzip ja, wenn eine Bauchspeicheldrüse transplantiert wird. Das ist aber absolut keine Standardtherapie, sondern wird z.B. im Rahmen einer ggf. notwendigen Nierentransplantation bei Typ-1-Diabetikern gemacht, um die Spätfolgen am transplantierten Organ so gering wie möglich zu halten (Quelle Organspende-Info). Die Therapie der Wahl ist hier immer Insulin. Das ist vom Patienten selbst gut steuerbar und bei einer guten Blutzuckereinstellung ist auch so gut wie keine Beeinträchtigung der Lebenserwartung zu erwarten. Es gibt weitere experimentelle Ansätze. Aber bislang ist leider noch keine etablierte Therapie dabei herausgekommen.

 

 

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