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Work & Life 01/2020
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© Westend61 / gettyimages

Mental Load – die unsichtbare Denkarbeit der Frauen

Die Verantwortung trägt sich immer am schwersten. Das zu verstehen ist gar nicht so leicht. Denn die mentale Arbeit bleibt im Alltag häufig unsichtbar. Wir erklären, warum der Mental Load häufig bei den Frauen liegt und wie Sie ihn reduzieren.

Die Tochter muss zur U8, der Sohn zum Zahnarzt und für das Kita-Fest muss noch ein Kuchen gebacken werden – zuckerfrei, eifrei, geht eigentlich Dinkel? Im Keller wartet Mount Washmore gemeinsam mit der Tochter darauf, abgearbeitet zu werden, weil ganz unten ihr Lieblingskleid liegt, das sie zu Omas 70. anziehen will. Schwiegermutters Geburtstag! Gibt es eigentlich schon ein Geschenk und wenn nein, wer besorgt was? Was sich liest wie ein wilder Mix aus unzusammenhängenden Fragen ist für die meisten Mütter Alltag. Mental Load heißt der Zustand, der zwar erst seit zwei Jahren einen Namen für die meisten Menschen hat, der aber, in erster Linie Frauen, schon seit Jahrzehnten beschäftigt.

Wie funktioniert Mental Load?

Das Prinzip des Mental Load ist in den meisten Familien so einfach wie manifestiert: Einer übernimmt die Denkarbeit und kümmert sich um alles. Er hat die anstehenden Termine parat, macht alles, ist immer da und ansprechbar für Außenstehende („Jamie würde gerne mit Karl spielen“) wie für Familienmitglieder („Schatz, hast du mein weißes Hemd gesehen?“), nimmt positives wie negatives Feedback auf („Ich hab dich sooo lieb“ versus „Ich find Kartoffeln voll blöd!“). Die anderen Familienmitglieder sind die Befehlsempfänger. Sie führen in der Familienarbeit nur aus, was ihnen gesagt wird („Bringst du mal bitte den Müll raus.“ – „Hätte ich schon gemacht, aber ich war nicht sicher, ob du das schon wolltest.“).
 

Kurz gesagt: Einer übernimmt das gesamte Management, die emotionale und leider auch unsichtbare Arbeit (Invisible Work), und die anderen werden zu Befehlsempfängern. Dieses Phänomen findet sich in vielen Beziehungen, privat und beruflich, und noch häufiger in Familien mit Kindern. Einer breiten Masse zugänglich gemacht hat den Begriff Mental Load die französische Comiczeichnerin Emma mit ihrem Strip You should`ve asked?"2.


Hier wird mit leicht bitterem Humor dargestellt, wie Situationen von Männern und Frauen wahrgenommen werden, wenn es um die emotionale Arbeit, um das Dran-Denken, geht.

Warum liegt der Mental Load so häufig bei Frauen?

  1. Es ist Erziehungssache
    Unsere Erziehung prägt uns mehr, als uns manchmal lieb ist. Wer sich als Frau oder Mann mit dem Thema Mental Load in der Familie auseinandersetzen möchte, sollte einen Blick in die Vergangenheit werfen: Wie war das eigentlich früher bei mir zu Hause? Papa kam von der Arbeit und Mama hat ihm einen fertigen Haushalt, die Wochenendplanung sowie zwei bettfertige Kinder präsentiert? Dann ist es wahrscheinlich, dass wir, spätestens mit der Geburt des ersten Kindes, in ein ähnliches Rollenmuster rutschen.1
     
  2. Der eigene Perfektionismus
    Zu Juniors Geburtstag MUSS es eine perfekte Party sein. Alles soll auf das Thema abgestimmt sein: Einladungen, Kuchen, Deko, Spiele, Mitgebsel-Tüten, Juniors Kleidung usw. Schließlich wird man ja nur einmal drei! Kommt Ihnen bekannt vor? Überlegen Sie, was Ihrem Kind wirklich wichtig ist (die besten Freunde, Oma und Opa sind dabei, der Lieblingskuchen), und schalten Sie einen Gang zurück.
     
  3. Der „Dann kann ich es auch gleich selbst machen“-Gedanke 
    Es liegt nahe: Wer seinem Partner Einkaufslisten, Abholzeiten und Geschenkideen per Messenger schicken muss, kann die Dinge auch gleich selbst erledigen. Nur, dann lernt es der Lieblingsmensch nie.

Was kann man gegen Mental Load tun?

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Jetzt heißt es handeln – und zwar bevor es zu spät ist.
© ideabug / gettyimages

Ansprechen, aussprechen, planen, umsetzen. Wieder Mental Load – ja, aber ein geteilter, denn Bedingung ist: Geplant wird nur zusammen mit dem Partner. Und: ALLES muss auf die Liste, wirklich alles – nicht nur ihre Aufgaben, sondern auch seine. Zwar muss ein Auto seltener zum TÜV, als dem Kind die Nägel geschnitten werden, aber gedacht werden muss an beides.

Dabei soll auch über Prioritäten gesprochen werden: Was ist wichtig und für wen ist es das? Müssen für das Kita-Fest wirklich 40 selbst gebackene Krümelmonster-Muffins zur Verfügung gestellt werden oder reichen auch die normalen Schoko-Muffins aus der Backmischung? Hier hilft das gemeinsame Reden dabei, eigene Idealvorstellungen zu überdenken.

Wie vermeide ich einen Mental Overload?

Zunächst einmal: darüber sprechen. Oft ist dem Partner gar nicht bewusst, dass die Verantwortung zu tragen und das An-alles-Denken auch Arbeit sind und ganz schön Gewicht haben.

Eine Liste mit allen Aufgaben, die in den kommenden sieben Tagen anstehen, erstellen und überlegen, was man sinnvoll auf den anderen übertragen kann. Wer kocht, sollte auch die Lebensmittel einkaufen, wer putzt oder wäscht, die entsprechenden Drogerieartikel. Sind die Aufgaben verteilt, heißt es loslassen. Den eigenen Perfektionismus hintanstellen und den Partner machen lassen. Der Mann übernimmt das Kochen und es gibt wahlweise Nudeln mit Pesto oder auch mal Pesto mit Nudeln? Dann ist das diese Woche so. Bei einem Rückblick kann gemeinsam überlegt werden, wie mehr Vielfalt auf den Tisch kommt. Wichtig ist, keine Vorwürfe zu machen, schließlich haben alle Beteiligten die Pesto-Woche überlebt. Sagen Sie klar und deutlich, was Sie sich wünschen. Zum Beispiel, „Ich wünsche mir mehr Abwechslung beim Essen“.

Und bedenken Sie, dass Veränderungen Zeit brauchen.

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10 Tipps, um den Mental Load zu verringern

  • Nutzen Sie digitale Helfer: zum Beispiel einen gemeinsamen Terminplaner. Ist ein Termin eingetragen, sieht ihn Ihr Partner – oder bei älteren Kindern gleich die ganze Familie. Genauso geht es mit digitalen Einkaufslisten.
  • Der Haushalt stresst und sorgt für Streit? Holen Sie sich Hilfe! Eine Putzkraft schafft Entlastung. Ein Staubsaugerroboter, gerade in Haushalten mit haarigen Vierbeinern, hält täglich die Böden sauber.
  • Sie müssen morgen noch einen Kuchen für den Kita-Basar abgeben? Bitten Sie Ihren Partner, einen fertigen Gugelhupf oder Ähnliches zu kaufen. Puderzucker oder Glasur mit bunten Streuseln drauf – fertig!
  • Sagen Sie „Nein“: „Ich schlage dich als Elternvertreterin vor“, „Wir brauchen noch Freiwillige für das Orga-Team“, „Wer kümmert sich um die Klassenfische in den Ferien?“ oder „Kannst du ein Geschenk für meine Mutter besorgen?“ Hier darf Ihre Antwort gleich viermal „Nein“ lauten. Und als Paradedisziplin: Erklären Sie nicht, warum Sie ablehnen. Sie müssen sich nicht rechtfertigen. Es ist okay, „Nein“ zu sagen – Sie werden schon gute Gründe haben!
  • Und da schließt sich auch schon der nächste Punkt an: Ignorieren Sie, was andere von Ihnen denken könnten. Meistens denken die nämlich gar nichts. Die Mutter des besten Kita-Freundes kann aus Gemüse ganze Zoos basteln? Das ist natürlich wirklich beeindruckend. Vermutlich fällt ihr aber gar nicht auf, dass Sie jedes Mal den gleichen Salat mitbringen. Und ein Zoo pro Kita-Fest reicht ja auch, oder?
  • Geben Sie ab, auch die Verantwortung: Manchmal brauchen Kinder eine Unterstützung außerhalb von Familie, Kita und Schule. Logopädie und Ergotherapie sind die häufigsten Außerhaustermine der Kleinen. Goldene Regel: Wer den ersten Termin mit dem Kind gemacht hat, der begleitet die ganze Therapie. Das ist sinnvoll für alle Beteiligten. Auch das Verschieben von Terminen oder das Erinnern an Übungen sollte bei dem begleitenden Elternteil liegen. Trauen Sie Ihrem Partner das zu – mit allen Konsequenzen.
  • Ein Cheat Day pro Woche. Jeden Tag ausgewogene und leckere Mahlzeiten zu kochen, die allen Familienmitgliedern schmecken, kann ganz schön anstrengend sein – egal, wer kocht. Macht man aus einem festen Tag in der Woche einen Cheat Day, an dem es z. B. Tiefkühlpizza oder Nudeln mit Fertigsauce gibt, sind die Kinder glücklich und die Eltern entspannt.
  • Outsourcing: Man kann tatsächlich mehr auslagern, als man denkt. Die Kleinanzeigen im örtlichen Wochenblatt oder eBay-Kleinanzeigen erweisen sich hier als sehr hilfreich. Zwei Kleinkinder im Haus und keine Zeit, zum Friseur zu gehen? Es gibt Friseure, die nach Hause kommen. Hier lohnt sich ein Termin für die ganze Familie. Keine Energie, um selbst zu bügeln? Es gibt Leute, die Bügelwäsche abholen und für kleines Geld aufbereitet wieder zurückbringen. Die Hecke muss mal wieder ordentlich geschnitten werden? Auch hier findet man in den Kleinanzeigen günstige Gartenhilfen.
  • Bilden Sie Fahrgemeinschaften: zum Schwimmen, zum Turnen, zum Kindergeburtstag. Macht den Kindern Spaß und spart mindestens eine Tour, manchmal sogar zwei.
  • 2 + 2 = 0. Das lohnt sich: Laden Sie für jedes Ihrer Kinder den jeweils besten Spielfreund ein. Es ist immer wieder ein faszinierendes Phänomen, dass vier Kinder oft weniger Aufmerksamkeit brauchen als zwei.

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