Vor etwa zwei Jahren fiel Christoph Geule auf, dass er immer ein bisschen besser FIFA spielte als seine Freunde. Aus Spaß versuchte er, sich für die Playoffs der Virtual Bundesliga (VBL) zu qualifizieren, und überzeugte. Auch den FC Augsburg, den er seitdem unter dem Spielersynonym „xThePunisher-96“ gemeinsam mit Yannic „Yannic0109“ Bederke als eSportler an der Konsole repräsentiert. Yannics Weg in die deutsche Profi-Liga war ähnlich: Mit der Teilnahme an den Playoffs gewann der Auszubildende ebenfalls die Aufmerksamkeit seiner Lieblingsmannschaft und wurde Teil ihres Teams. Christoph und Yannic haben das erreicht, wovon viele Freizeit-Zocker träumen: Sie haben das Spielen an der Konsole zum (Neben-)Beruf gemacht.
Wie sieht so ein Alltag als eSportler aus?
Was braucht es, um erfolgreich zu sein und vor allem zu bleiben? Reicht es, dafür täglich stundenlang zu gamen? Gleich vorab eine gute Nachricht – vor allem für besorgte Eltern: Professionelle eSportler sind keine blassen Menschen ohne soziale Kontakte, die den ganzen Tag nur Fast Food und Energydrinks konsumieren. Das ist ein veraltetes Klischee. Die Pro-Gamer von heute spielen für Vereine oder organisieren sich in Clans und betreiben mit viel Engagement und Disziplin ihren Sport. Für ungesundes Essen und Dauerzocken bleibt da keine Zeit. Im Gegenteil, gerade in Deutschland gehen die meisten eSportler neben ihrer Passion auch einem geregelten Alltag nach. Der Augsburger „Yannic0109“ absolviert derzeit eine Ausbildung zum Notarfachangestellten, sein Teamkollege „xThePunisher-96“ arbeitet Vollzeit im kaufmännischen Bereich. Und die zwei gehen auch mit viel Spaß an der Sache einem Ausgleichssport nach: Beide spielen auch offline Fußball. Christoph sogar in der Landesliga Hessen und Yannic trainiert neben seiner eigenen „Feld“-Arbeit noch eine Fußballmannschaft.
Ein Ausgleichssport ist Pflicht
Wer stundenlang auf höchstem Niveau dem Gegner überlegen sein möchte, braucht eine gute Kondition und ein gewisses Maß an Stressresistenz, das nur durch ausreichend Gegenbewegung geschaffen werden kann. Wer will schon ein Spiel wegen Rückenschmerzen abbrechen müssen? Ein guter Ausgleichssport gehört deshalb zum eSportler wie der Controller zur Konsole. Und nicht nur das: Die benötigte Fitness wird mit einer guten Mischung aus Bewegungssportarten, gesunder Ernährung und ausreichend Schlaf geschaffen. Dazu kommt die mentale Vorbereitung. Wer denkt, dass eSportler nur ein bisschen zocken und auf das reagieren, was das Spiel gerade bietet, liegt falsch. Spielanalysen und Taktikbesprechungen gehören genauso zum Alltag eines eSport-Profis wie Übungsspiele. Auch die Social-Media-Arbeit ist ein nicht zu unterschätzender Teil. Über Twitter, Instagram, YouTube und Twitch werden die Fans regelmäßig über Turniere, die Virtual Bundesliga und Trainingsziele informiert oder gleich ganze Spiele gestreamt.
eSport ist ein Sport – schnell, anspruchsvoll und pulstreibend
Dass eSportler ein Vollzeitjob, bzw. ein sehr anspruchsvoller Nebenberuf, sein kann, dürfte jetzt klar sein. Aber wie ist das eigentlich mit den sportlichen Leistungen? Kommen eSportler, so wie Sportler klassischer Sportarten, auch mal ins Schwitzen? Die Deutsche Sporthochschule in Köln betreut die eSport-Teams mehrerer Bundesliga-Vereine. Der verantwortliche Sportwissenschaftler auf diesem Gebiet, Professor Dr. Ingo Froböse, hat einmal genauer untersucht, was ein Profi im Wettkampf leistet: Er hat festgestellt, dass der Cortisolspiegel eines eSportlers, der die Höhe des Stresshormons im Blut zeigt, beim professionellen Gaming in etwa auf dem Niveau eines Rennfahrers liegt. Dazu kommt ein sehr hoher Puls mit einer Herzfrequenz zwischen 160 und 180 Schlägen pro Minute, was einem schnellen Lauf entspricht – fast schon einem Marathonlauf.1 Und dann gibt es noch die Reaktionsfähigkeit der Spieler, die zwischen der eines Fechters und eines Volleyballers liegt: Während eines Spiels schafft ein eSportler an der Konsole bis zu 400 Unterarmbewegungen pro Minute. Dabei arbeitet er rechts und links asymmetrisch.2 Was für eine beeindruckende Leistung.
Was muss ich tun, um eSportler zu werden?
Zunächst einmal ist die Breitensportszene – also der Bereich, in dem sich Hobby-Gamer bewegen – auch in Deutschland inzwischen sehr groß. Um richtig gut zu werden, sollte man sich auf ein Spiel konzentrieren. Und dann heißt es: trainieren, trainieren, trainieren – auch wenn man es nicht übertreiben sollte. Das reale Leben braucht eine Chance, sich ebenfalls weiterzuentwickeln. Die Trainingseinheiten finden nicht nur an der Konsole statt. Wie beim Fußball auf dem Rasen kann man sich auch digital viel von den Profis abschauen. Dazu gehört es, Turniere und andere Live-Streams zu verfolgen. Um seine Erfolge besser einordnen zu können, hilft ein Trainingspartner, der mindestens genauso gut ist wie man selbst oder vielleicht sogar etwas besser ist. Wer sich sicher im Spiel fühlt, kann in einer der Amateurligen starten. Mit guten Leistungen und einem bisschen Glück fällt man hier einem Talent-Scout auf und wird unter Vertrag genommen. Klingt wie ein Traum? Er kann wahr werden – so wie bei Christoph „xThePunisher-96“ Geule und Yannic „Yannic0109“ Bederke.
Zu den Interviews mit Christoph Geule und Yannic Bederke
Tolle Einblicke in das Leben von eSport-Profis geben uns die Team-Mitglieder des FC Augsburg in ihren Fragebögen-Interviews.
Hier geht es zu den Interviews mit Christoph „xThePunisher-96“ Geule und Yannic „Yannic0109“ Bederke.