
Was hilft gegen Flugangst?
Urlaub in fernen Ländern ist heute erschwinglicher denn je – doch viele Menschen trauen sich nicht, ein Flugzeug zu besteigen. Diplompsychologin Darina Augapfel hat uns verraten, wie man die Angst vorm Fliegen ganz ohne Medikamente bekämpfen kann.
Wenn es mit dem Flieger in den Urlaub gehen soll, löst das bei vielen Menschen Schweißausbrüche statt Vorfreude aus. Stellen sie sich bloß an? „Nein“, sagt Diplompsychologin Darina Augapfel. „Flugangst ist ein ernst zu nehmendes Phänomen, das für Leidtragende einen großen Verlust an Lebensqualität bedeutet, da es sie privat und beruflich stark einschränkt. Zum Glück gibt es jedoch wirksame Methoden, Flugangst zu bekämpfen.“ In Seminaren und Einzelcoachings vermittelt die Expertin Betroffenen Techniken, mit denen sie ihre Flugangst Schritt für Schritt in den Griff bekommen. Wie die Angst vorm Fliegen entsteht und was man dagegen tun kann, hat sie uns im Interview erzählt.
Mobil-e: Frau Augapfel, wen betrifft Flugangst am häufigsten?
Darina Augapfel: An unseren Seminaren nehmen etwas mehr Frauen als Männer teil, etwa im Verhältnis 60 % zu 40 %. Das bedeutet aber nicht, dass Männer weniger Flugangst haben. Viele von ihnen sehen Ängste jedoch als Schwäche, die man sich als „echter Mann“ nicht eingesteht und schon gar nicht öffentlich zugibt. Ich stelle aber fest, dass sich diese Wahrnehmung wandelt und sich inzwischen immer mehr Männer mit ihrer Flugangst in einer psychologischen Behandlung oder einem Seminar auseinandersetzen.
Mobil-e: Woran liegt es, dass einige Menschen an Flugangst leiden und andere nicht?
Darina Augapfel: Häufig sind eher Menschen betroffen, die generell ängstlich sind. Sie reagieren auf Situationen, die ihnen gefährlich erscheinen, eher mit einer panischen Angst. In der Konsequenz vermeiden sie dann diese Situationen – in diesem Fall das Fliegen – und entwickeln oft eine Phobie. Aber auch Menschen, die im Alltag sehr selbstbewusst und bestimmend auftreten, leiden oft unter Flugangst. Das liegt dann meist daran, dass sie ein großes Kontrollbedürfnis haben. Im Flugzeug müssen sie die Kontrolle abgeben – und das löst dann Angst aus.
Mobil-e: Können auch Erlebnisse wie ein turbulenter Flug zu Flugangst führen?
Darina Augapfel: Ja, aber meistens steckt eine ganz andere Ursache dahinter, die derjenige nicht erkennt. Stattdessen verknüpft und verinnerlicht der Betroffene die Angst, die er in dieser Situation hatte, mit der Umgebung. Betritt er dann ein Flugzeug, kommen alle Gefühle wieder hoch. Wir sprechen hier von einem Konditionierungseffekt.
Mobil-e: Wie äußert sich Flugangst bei den Betroffenen?
Darina Augapfel: Sowohl die Ängstlichkeit als auch der befürchtete Kontrollverlust erzeugen ein erhöhtes Stressaufkommen, das dann zu regelrechten Panikanfällen mit Symptomen wie Schweißausbrüchen, Herzrasen und Atemnot führt. Das hat wiederum meist eine große Hilflosigkeit zur Folge, wenn der Betroffene nicht einordnen kann, was da mit ihm passiert. Viele sind wirklich überzeugt, dass sie einen Herzinfarkt bekommen und sterben müssen.
Mobil-e: Wie ist das zu erklären?
Darina Augapfel: Die Erklärung dafür finden wir im vegetativen Nervensystem, das für die Aufrechterhaltung von Vitalfunktionen wie Atmung und Stoffwechsel sorgt und nicht unserer bewussten Kontrolle unterliegt. Es gliedert sich in zwei Teile: Der Sympathikus sorgt für Anspannung und Mobilmachung, der Parasympathikus für Entspannung und Erholung. Beide treten stets als Gegenspieler auf und sind niemals gleichzeitig aktiv. Ergreift uns Angst, kommt es zu einer heftigen Sympathikusreaktion, innerhalb von Sekunden wird eine hohe Menge Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol ausgeschüttet, was zu den oben beschriebenen körperlichen Symptomen führt. Man spricht dann auch von einer „Fight or Flight“-Reaktion, die uns suggeriert, dass es nur zwei Überlebensstrategien gibt: Kämpfen oder Fliehen.
Mobil-e: Ist es eine gute Lösung, sich trotz Angst zum Fliegen zu zwingen?
Darina Augapfel: Nein, denn so findet ja keine konstruktive Auseinandersetzung mit dem Problem statt. Es mag zwar sein, dass mit der Zeit ein gewisser Gewöhnungseffekt eintritt, weil wir merken, dass wir es schaffen, uns trotz Angst der Situation zu stellen. Aber die Angst geht dadurch ja nicht weg.
Mobil-e: Was halten Sie von beruhigenden Medikamenten gegen Flugangst?
Darina Augapfel: Auch mit Medikamenten bewältigen wir ja nicht unsere Angst, sondern betäuben nur unsere Wahrnehmung. Hinzu kommt, dass wir mit Beruhigungsmitteln den Kontrollverlust, vor dem sich ja viele Betroffene fürchten, sogar noch verstärken. Wenn man sich das vor Augen führt, ist es im Grunde widersinnig.
Mobil-e: Verraten Sie uns ein paar konkrete Tipps gegen Flugangst?
Darina Augapfel: Zunächst einmal sollte man bloß nicht die Luft anhalten und auch nicht zu schnell atmen. Idealerweise atmet man doppelt so lange aus wie ein, das hat eine stark beruhigende Wirkung. Eine weitere gute Übung gegen Flugangst ist es, den ganzen Körper fünf Sekunden lang anzuspannen und dann plötzlich locker zu lassen – auch das entspannt sehr gut. Und ganz wichtig: Man sollte etwas essen, auch wenn einem gar nicht danach ist. Der oben erwähnte Sympathikus sorgt bei Angst nämlich für Appetitlosigkeit, denn im Kampf-oder-Flucht-Modus ist alles wichtig, nur nicht Essen. Nehmen wir nun aber dennoch einen Müsliriegel, eine Banane oder ein paar Nüsse zu uns, so regen wir seinen Gegenspieler, den Parasympathikus an – und das macht uns gleich viel ruhiger.
Entspannt fliegen: Seminare gegen Flugangst
In Zusammenarbeit mit der Deutschen Lufthansa bietet Darina Augapfel in der Agentur Texter-Millott Seminare für entspanntes Fliegen an. Weitere Informationen finden Sie unter www.flugangst.de

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Auch eine gute Urlaubsvorbereitung sorgt für Entspannung. Lesen Sie in unserem Artikel „Reiseimpfung & Co.: Rundum gut geschützt in den Urlaub“, woran Sie jetzt schon denken sollten, wenn Sie Ihren Sommerurlaub planen.